Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

13AUG2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Nun ist es wieder still geworden um die Heldinnen und Helden der Corona-Krise. Die Lieder, die man dem Pflegepersonal zu Ehren von den Balkonen gesungen hat, sind verklungen, der Beifall verstummt. Vergessen scheinen auch all die Schwüre seitens der Politik, „systemrelevante“ Arbeit endlich gerecht zu bezahlen. Das gilt nicht nur für die Pflegeberufe, die sich in der Sorge um alte und kranke Menschen oft bis zur Erschöpfung verausgaben. Nicht weniger „systemrelevant“ ist ja auch die Arbeit an Ladenkassen und Regalen, im Reinigungsgewerbe, in den Fahr- und Zubringerdiensten und der Einsatz der Rettungs- und Sicherheitsleute. Die alle haben ja unter hohem Risiko den Laden im „Lockdown“ am Laufen gehalten. Dafür sollten sie nicht nur mit einer einmaligen Prämie gestreichelt, sondern dauerhaft besser bezahlt werden. 

Wer allerdings meint, es werde – wie einst in der Wüste – Manna vom Himmel regnen, der wartet bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Gerechte Löhne müssen erstritten werden. Ganz legitim, denn der Gesetzgeber hat die Lohnfindung in unserem Staat an Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften abgetreten. Die müssen das untereinander aushandeln und dann wird ein Gesetz daraus. Das geht nur, wenn die Beschäftigten sich gewerkschaftlich organisieren und damit Macht entfalten können. Und das haben Pflegende, Verkäuferinnen, Reinigungskräfte, Fahrer und viele andere bis heute kaum getan. Also bleibt ihnen am Ende nur die kollektive Bettelei. Die aber ist doch unter ihrer Würde! 

Sich gerechte Löhne zu erstreiten, ist Sache der Betroffenen selbst. Was aber kein Tarif vermag, das kann die Allgemeinheit: Wir alle können dazu beitragen, jede nun als „systemrelevant“ erkannte Arbeit übertariflich, das heißt gesellschaftlich aufzuwerten. Das entscheidet sich jeden Tag neu an der Ladenkasse, unter der Haustür oder auf der Pflegestation. Ein Wort der Anerkennung für den Paketboten, ein aufrichtiges „Dankeschön“ der Reinigungsfrau gegenüber, ein kleines Lob für jede kleinste Dienstleistung – das haben diese Menschen nicht erst seit Corona verdient. 

Sie sehen, sie ansehen – das verschafft ihnen Ansehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31474
weiterlesen...