Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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17JUL2020
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Un-ter-brech-ung. Schon allein das Wort hat was Brachiales, Gewaltsames. Aber nicht nur. Es gibt gute Unterbrechungen und schlechte. Zu den schlechten gehört es zum Beispiel Kinder zu oft oder unnötig beim Spielen zu unterbrechen. Das schadet ihnen, weil sie dadurch aus ihrer seligen Selbstvergessenheit gerissen werden. Und weil es die Entwicklung ihrer Konzentrationsfähigkeit stört. Es ist einfach gut und gesund an einer Sache dranbleiben zu können. Das gilt für Jung und Alt. Genau das geschieht aber nicht durch eines der größten Unterbrechungsgeräte: das Handy. Alle 6 Minuten wird es anscheinend zur Hand genommen und damit eine Tätigkeit oder ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht unterbrochen. Keine gute Art der Unterbrechung, weil sie die Menschen stresst und sie sich irgendwann nicht mehr richtig wahrnehmen lässt. Genau das, das richtig Wahrnehmen ermöglichen aber die guten Unterbrechungen. Dafür nur ein Beispiel: das Wochenende, vor allem der Sonntag. DieUnterbrechung der Arbeit zum Wohle des Menschen. Nicht umsonst gibt es seit Urzeiten das 3. Der 10 Gebote: „Du sollst den Sabbath heiligen. Es soll den Menschen helfen, sich nicht in der Arbeit zu verlieren. Unterbrechung gilt darum auch als die kürzeste Definition von Religion. So hat sie der kürzlich verstorbene Theologe Johann Baptist Metz beschrieben. Die Religion soll das Leben der Menschen immer wieder heilsam unterbrechen. Die Menschen herausholen aus ihrer Selbstbezogenheit, ihrem Arbeitswahn oder aus Versklavungen.  Durch regelmäßige Auszeiten, Pausen und Stopps. Und sie zurückholen zu sich selbst. Weil sie nur so wirklich wahrnehmen können: sich selbst, ihre Mitmenschen und Gott.

Der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach hat das mit den guten Unterbrechungen in ein schönes Bild gefasst. Was er darin über das Leben sagt, stimmt auch für dieses Wochenende. Wenn das gelingt, was er schrieb: „Das Leben muss genossen werden wie ein kostbarer Wein. Mit gehörigen Unterbrechungen, Schluck für Schluck. Auch der beste Wein verliert für uns den Reiz, wenn wir ihn wie Wasser hinunterschütten.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31297
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