Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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09JUL2020
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„Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast.“
… so hat früher bei meinen Eltern und Geschwistern fast jedes Essen begonnen. Wenn wir als Familie gemeinsam in der Küche gesessen haben, ist es mit einem Tischgebet losgegangen.

Beten vor dem Essen – weit verbreitet ist das heute nicht mehr in unserer Gesellschaft. Wenn ich die Konfirmandinnen und Konfirmanden danach frage, wissen die meisten nichts davon.

Manche finden ein Gebet vor jedem Essen zu zwanghaft. Anderen ist es zu fromm, da immer mit Gott zu reden. Und ich habe auch schon das Argument gehört, ein Tischgebet sei scheinheilig, wo doch viele Menschen weltweit hungern müssen.

Ich sehe das anders. Wenn Menschen zusammen essen, dann ist es doch gut, wenn nicht jeder einfach irgendwie anfängt. Das Tischgebet kann ein gutes Ritual sein, sich gemeinsam einzustimmen. Außerdem ist es doch nicht selbstverständlich, regelmäßig essen zu können. Mit dem Tischgebet kann man einen Moment zur Ruhe kommen und Dankbarkeit ausdrücken. Warum nicht auch gegenüber Gott? Vielleicht merkt man dabei ja auch erst so richtig, wie gut es einem geht. Und wer das tut, ist dadurch doch um so mehr motiviert, sich gegen den Hunger in der Welt einzusetzen.

Deshalb ist mir das Tischgebet wichtig geblieben. Ich habe es auch in den Zeiten beibehalten, in denen ich oft für mich allein gegessen habe, vor allem während des Studiums. Das Beten vor dem Essen hat mich dann trotzdem mit anderen Menschen verbunden.

Und auch meine Frau, meine Familie und ich heute beginnen fast jedes Essen mit einem Tischgebet. Das ist nicht kompliziert, sogar in unseren turbulenten Alltag lässt sich das leicht einbauen. Aber gerade dann zeigt es Wirkung, glaube ich. Und es prägt die persönliche Sicht aufs Essen und aufs Leben.

Mit unseren Kindern haben wir ganz verschiedene Tischgebete eingeübt. Manche werden gesprochen, manche gesungen. Manche lernen wir neu über den Kindergarten, auch dort wird vor dem Essen gebetet. Eine Variante ist besonders beliebt, weil kurz und knapp: „Lieber Gott, segne flott!“ Manchmal muss es ja schnell gehen …

… aber immer wieder wählen wir auch die alte klassische Fassung, die unsere Eltern uns mal beigebracht haben: „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast. Amen.“

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