Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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15JUN2020
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Werner Redies gewidmet. In dankbarer Verbundenheit.

 

Sie haben ihn auf Händen getragen, zurück in seine Kirche, den Rottenburger Dom. Auf einem Stuhl, weil er gelähmt in sein Heimatbistum zurückgekehrt ist, nach sieben Jahren Verbannung durch die Nazis: Joannes Baptista Sproll, der siebte Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Warum erzähle ich das heute Morgen? Weil das gestern vor 75 Jahren war. Und weil mir Bischof Sproll auch heute mindestens zwei Dinge zu sagen hat. Das erste: dass es wichtig ist, aufmerksamzu sein, wachsam zu bleiben. Menschen und Ideologien gegenüber, die dem Menschen schaden. Und die darin auch meinem Glauben widersprechen. Schon 1931, sieben Jahre vor seiner Verbannung hat Bischof Sproll vor dem Nationalsozialsozialismus gewarnt und die Rassenideologie der Nazis als unvereinbar mit dem katholischen Glauben bezeichnet.

Zum anderen ist mir Bischof Sproll ein Vorbild darin standhaftzu bleiben. Wegen seiner ablehnenden Haltung den Nazis gegenüber wurde er verunglimpft, bedroht und letztlich auf Befehl Hitlers aus seiner Diözese verbannt. In die er, wie gesagt, gestern vor 75 Jahren zurückgekehrt ist.

Und heute will ich daran erinnern, weil wir auch heute wachsam und standhaft sein müssen. Wachsam gegenüber rassistischen und völkischen Parolen, die wieder in Deutschland zu hören sind. Wachsam gegenüber Leuten, von denen nichts Hilfreiches in der Corona-Krise zu hören oder zu sehen war. Die aber jetzt die Belastungen unter denen unsere Gesellschaft noch steht, für ihre gefährlichen Ideologien auszunutzen versuchen. 

Standhaft sein heißt es aber noch viel mehr gegenüber dem, was während dem letzten Jahr so alles passiert ist und durch die Corona-Krise schon fast vergessen wurde. Welche tödliche Kräfte in Deutschland wieder aktiv sind. In einem Rechtsterroristen, der den Regierungsdirektor in Kassel ermordet, weil er sich für geflüchtete Menschen eingesetzt hat.
In einem Antisemiten, der in Halle wahllos zwei Menschen erschießt aus Frust darüber, dass er kein Blutbad in einer Synagoge anrichten konnte. Und in einem Rassisten, der in Hanau 9 Menschen mit Migrationshintergrund ermordet. Wachsam und standhaft heißt heute: schon bei menschenfeindlichen Sprüchen einschreiten, klar aussprechen, dass die überhaupt nicht gehen. Denn auf Worte folgen zu oft Taten.

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