SWR1 3vor8

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24MAI2020
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Für mich ist es ein schwieriger Text, der heute in den katholischen Kirchen zu hören ist. Er ist aus dem 1.Petrusbrief und es geht um das Leid der ersten Christen, das sie dadurch erfahren haben, dass sie Christen sind. Sie sollen sich freuen darüber, schreibt der Verfasser des Briefes. Sie sie seien selig zu preisen, wenn sie wegen des Namens Christi beschimpft werden und würden Gott verherrlichen, wenn sie dadurch leiden müssen, weil sie Christen sind. Sich freuen über Leid, glücklich sein und Gott dadurch preisen? Grenzt das nicht an Selbstquälerei?

Ich hab den Text mehrmals gelesen und auch etwas über die Zeit und die Umstände, in denen er entstanden ist. Dabei ist mir klar geworden, dass dieser Teil des Petrusbriefs ein Trostbrief sein will. Er will die ersten Christen aufmuntern und ermutigen durchzuhalten - bis der auferstandene Christus wiederkommt und sie mit in den Himmel nimmt. 

Dadurch ist mir dieser Text rational ein Stück nähergekommen. Emotional habe ich ihn erst verstanden, als ich mich gefragt habe, wann ich denn Leid erfahren habe durch meinen Glauben. Und das reicht weit zurück in meine Kindheit und Jugend.

Das zweite Jahrzehnt meines Lebens habe ich in einem katholischen Internat verbracht. Wohl wissend, dass dieser Vergleich etwas hinkt, kann ich aber sagen, dass ich dort schon auch Leid erlebt habe, durch den Glauben Leid erlebt habe. Dadurch, dass Menschen, die eigentlich ein Vorbild im Glauben sein sollten, genau das Gegenteil davon waren. Indem sie zum Beispiel die Kinder brutal geschlagen haben. Darauf zurückschauend bin ich auf zwei Gedanken gekommen, die für mein Leben sehr prägend waren und sind: dass Leid verbindet. Und dass es trennt.

Die Gewalt und die Unterdrückung, die wir im Internat als Kinder und Jugendliche erfahren haben, hat uns auch zusammengeschweißt, in Solidarität und als Schutz gegen die Internatsleitung. Mit zwei von meinen Internatskollegen bin ich bis heute freundschaftlich verbunden. Getrennt hat mich das im Internat erfahrene Leid von jeglichem Glauben der nicht glaubwürdig ist. Und so hatte dieses Leid doch auch was Gutes für mein Leben…

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