Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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30MAI2020
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„Die Welt hat irgendwie ein kollektives Burnout erlebt“, das hat Fußball-Bundestrainer Joachim Löw am Anfang der Corona-Pandemie in einer Pressekonferenz gesagt. Vergleiche hinken immer ein bisschen. Aber ich glaube, die Corona-Situation hat in mancher Hinsicht tatsächlich etwas von einem Burnout.

Menschen, die ein Burnout, also eine Erschöpfungsdepression, bekommen, können nicht weiter machen wie bisher. In einem oder mehreren Lebensbereichen ist der Stress so groß geworden, dass sie sagen: „Ich kann und ich will nicht mehr“. Oft spielt der Beruf dabei eine wichtige Rolle.

Auch die Welt sei an so einem Punkt angekommen, hat Joachim Löw gesagt. Das Tempo der Menschen sei „nicht mehr zu toppen“ gewesen. „Macht, Gier und Profit“ hätten im Vordergrund gestanden. „Ich habe das Gefühl“, hat der Bundestrainer gemeint, „dass sich die Erde ein bisschen stemmt und ein bisschen wehrt gegen die Menschen“.

Bei Menschen, die ein Burnout haben, stemmt sich auch etwas: Die Seele und oft auch der Körper treten auf die Bremse. Sie versagen ihren Dienst, machen nicht mehr mit. Sie zeigen: So geht es nicht weiter. Was dann hilft, ist eine Auszeit. Das Leben wird herunterfahren. Die Betroffenen kommen zur Ruhe. Sie haben Zeit, über sich selbst nachzudenken. Und sie überlegen, wie es in Zukunft weiter gehen soll.

Ganz ähnlich war es beim Corona-Shutdown im März und April. Das öffentliche Leben wurde heruntergefahren. Das Ziel war, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Und gleichzeitig hatten die Menschen viel Zeit um nachzudenken. Und viele haben das Leben anders betrachtet als zuvor. Viele haben etwa erkannt, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitswesen ist oder welche Probleme eine zu stark globalisierte Wirtschaft mit sich bringt. Und vielen wurde bewusst: Ausgerechnet die Menschen verdienen bei uns am wenigsten Geld, die man am nötigsten braucht.

Wenn ein Mensch ein Burnout hat, ist es wichtig, dass er nach der Auszeit nicht weiter macht wie bisher. Er muss das, was er als richtig erkannt hat, auch im Alltag umsetzen. Es geht darum, Dinge zu verändern. Das ist eine Herausforderung. Aber wenn man stattdessen genauso weiterlebt wie vor dem Burnout, ist das nächste vorprogrammiert.

Im Burnout steckt für den Betroffenen auch eine Chance, nämlich, die Weichen im Leben neu zu stellen und etwas zu ändern. Vielleicht bietet auch das „kollektive Burnout“ Corona-Krise diese Chance: Dinge zum Guten zu verändern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30953
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