Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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02MAI2020
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Haben Sie auch in den letzten Wochen etwas gemacht, was Sie auf jeden Fall beibehalten wollen? Manche haben das Handarbeiten wieder angefangen, um kreativ zu sein und anderen was Gutes zu tun. Und wie viele Gärten jetzt wieder so richtig auf Vordermann gebracht worden sind. Oder: Männer – und vermutlich auch Frauen - haben sich unter ihre Autos gelegt und geschraubt. Gemacht, was sie lange schon machen wollten. Aber vor lauter Alltag und Ablenkungen nicht gemacht haben.

Ich habe angefangen wieder ein bisschen Klavier zu spielen. Gespürt, wie gut das tut, Musik zum Klingen bringen, die sich Paul McCartney oder Beethoven oder andere ausgedacht haben. Ich könnte so was ja nie selber schreiben. Aber nachspielen. Und hoffentlich so, dass es auch in anderen positiv weiterklingt.

Viele haben sich neu auf andere Menschen eingelassen. Nachrichten geschrieben, telefoniert, sich füreinander interessiert und Beziehungen wiederentdeckt oder sogar neu geknüpft. Bis dahin, dass wieder genesene Coronapatienten Blutplasma spenden und damit andere Patienten behandelt werden. Und es scheint anzuschlagen.

Der Soziologe Hartmut Rosa nennt all diese Dinge Resonanz. Und er findet, Resonanz ist eine gelungene Form, wie wir Menschen mit der Welt überhaupt in Verbindung treten können. Man bleibt nicht bei sich, sondern man nimmt und gibt, ist kreativ und spürt Resonanz.

So ein Resonanzverhältnis zur Welt und zu anderen Menschen geht auch über Entfernungen. Nächstenliebe zB oder Mitgefühl. Das kann ich auch für Menschen in der Ferne entwickeln. Was andere erleben oder aushalten, in Italien oder Indien oder wo auch immer: wenn es mich nicht kalt lässt, dann kann das etwas in mir zum Klingen bringen.

„Mein Mitleid und meine Nächstenliebe gelten nicht nur meinem Nächsten hier, sondern auch meinem Nächsten in der Ferne, den ich vielleicht nicht sehe.“ (Wolfgang Huber)

Das ist auch etwas, was in den letzten Wochen, meine ich, deutlich geworden ist. Und was wir irgendwie bewahren sollten. Es ist nicht gut, wenn wir uns wieder zurückziehen in so ein „hier wir“ und „da draußen die anderen“. Ich bin sicher, es stimmt: „nicht der Egoistische überlebt, sondern die Gemeinschaft, deren Mitglieder sich helfen“ (Sybille Berg). Und vor Gott sind wir Menschen eine Weltgemeinschaft. Die sich zusammen gegen solche Erfahrungen wie Corona helfen muss. Ich finde Hartmut Rosa hat Recht. Resonanz ist ein prima Verhältnis zur Welt. Und die Welt , das Leben und Menschen darauf gehören zusammen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30787
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