Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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28APR2020
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So klar war mir das nicht, wie sehr wir Menschen körperliche und gemeinschaftliche Wesen sind. Ich habe zB. von mir gedacht, ich bin eher einer, der Abstand braucht. Aber in den letzten 8 Wochen ist mir das wieder so was von klargeworden. Wir Menschen sind von Grund auf körperliche und soziale Wesen.

Und ich hoffe, dass ich das nicht vergesse, wenn diese Corona-Pandemie irgendwann vorbei ist. Ich möchte uns das ins Langzeitgedächtnis schreiben: „Wir sind körperliche Wesen. Wir leben davon, dass wir mit anderen zusammen sind und wir leben von Nähe. Davon, dass ich andere in den Arm nehmen kann. Und umgekehrt.“

In den letzten Wochen habe ich das oft vermisst. Sie vermutlich auch. Anscheinend sind wir Hautmenschen. Ist auch kein Wunder. Immerhin ist die Haut das größte menschliche Organ. Wir atmen durch die Haut und wir spüren andere ganz intensiv über die Haut. Wenn man sich nur ganz leicht berührt. Bis zum herzlichen Schulterklopfen und dann auch fest in den Arm nehmen. Über die Haut kann viel Liebe zu mir kommen und von mir ausgehen. Ich wünsche mir, dass wir das auch noch schätzen, wenn es einmal wieder normal ist.

Weil es bleibt kostbar, gerade, wenn man es kann, nicht nur wenn man es vermisst.
Jetzt bleibt erst mal nur, dass man das aushält. Aushalten. Aber nicht wegdrücken oder verdrängen. Spüren, dass ich es vermisse. Im Kopf und im Herz nicht vergessen, dass wir nicht so körperlich leben können wie wir eigentlich sind und wie es gut für uns ist. Es muss uns bewusst bleiben, wieviel uns da fehlt.

Was kann trösten, wenn umarmen nicht geht? Davon erzählt eine der schönsten Ostergeschichten in der Bibel. Maria begegnet da Jesus, als dieser auferstanden ist. Als sie ihn erkennt, will sie ihn natürlich umarmen. Aber er sagt zu ihr. ‚Nicht...‘

Man kann Gott nicht umarmen als sterblicher Mensch. Der auferstandene Jesus, der ist ja bei Gott. Umarmen lässt sich Gott nicht in diesem Leben. Gott kann man nicht greifen oder festhalten. Das sagt mir diese Geschichte von Maria und Jesus. Aber Gott kommt auf andere Weise nah. Jesus spricht mit ihr. Seine Stimme berührt sie. Und dann weiß sie, das Leben wird neu durch Ostern. Das Leben ist stärker als der Tod und eine Pandemie. Weil Gott nah ist.

Und wir Menschen können das auch. Anderen nah kommen, auch wenn wir uns nicht umarmen können. Nah mit Worten. Manchmal finden wir ja sogar welche, die durch die Haut gehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30783
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