Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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11APR2020
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Heute ist ein stiller Tag. Für Christen vielleicht der stillste im Jahr. Jesus ist tot. Die übrig gebliebenen Freundinnen und Freunde haben ihn begraben. Dass morgen Ostern sein wird, können sie nicht wissen. Dass der Tod ihres Meisters nicht endgültig ist, damit können sie nicht rechnen. Wie auch! Wo alles ein so schreckliches Ende genommen hat.

Ich weiß, dass morgen Ostern ist. Aber ich habe das Gefühl, dass ich in diesem Jahr nicht so unbefangen wie sonst in diesen Tag hineingehen sollte. Weil die Stimmung diesmal eine andere ist. Weil die Stille des Karsamstags heute echter ist als sonst. Erfüllt von einer Stille, die auch mit dem Tod zu tun hat, mit dem realen Tod, der im Virus mit dem Namen Corona lauert. Noch immer sterben deswegen jeden Tag viele Menschen. Es wird versucht, sie zu zählen, sie aus der Anonymität herauszureißen. Aber das gelingt längst nicht mehr. Wir haben den Überblick verloren. Wir spüren unsere Ohnmacht. Wie wenig wir im Moment noch ausrichten können gegen einen Feind, der unsichtbar ist und sich am besten dann ausbreitet, wenn Menschen einander nahe sind.

Dem Tod zu begegnen, macht sprachlos. Ich habe nie verstanden, was da eigentlich geschieht, wenn ein Mensch gestorben ist, der mir nahestand. Meine Großmutter, mein Vater. Ich habe getan, was man tun kann, um Abschied zu nehmen. Aber begriffen habe ich es bis heute nicht, dass ein Mensch, der zu mir gehört, auf einmal nicht mehr da ist. Am besten war es, wenn es mir gelungen ist, die Leere auszuhalten. Allein, und in Stille. Ich habe bis heute nicht die Hoffnung, dass sich da auf einmal eine Antwort ergibt oder eine Lösung abzeichnet. Meine Erfahrung ist: In der Stille habe ich dem Tod mehr entgegenzusetzen, als mit großen Gedanken oder lauten Bekenntnissen. Also halte ich aus. Auch heute. Und heute ganz besonders.

Ostern ist nur vordergründig ein lautes Fest. Was Ostern ausmacht, spielt sich im Verborgenen ab. In der Bibel heißt es: Die Frauen gingen in aller Frühe zum Grab[1]. Also in der Stille des Ostermorgens. Genau da erfahren sie, dass Jesus nicht tot ist, sondern auferweckt worden, weil Gott sonst nicht der sein kann, an den sie von ganzem Herzen glauben.

Ostern wird in diesem Jahr stiller sein als sonst. Auf diese Weise aber auch besonders echt und voller Hoffnung. Der Tod wird nicht das letzte Wort haben.

 

[1]Lk 24,1 parr.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30702
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