Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Grüß Gott – eine fast schon altmodische Begrüßung. Man hört sie noch in süddeutschen Gegenden, in Südtirol und in Österreich. Mit Grüß Gott wird man unter jungen Leuten oder in der Stadt kaum noch begrüßt. Da gibt es ein guten Tag, Tach, Hallo oder Hi. Oder gar nichts.
Das ist mir letztlich im Flugzeug passiert und zwar gleich zweimal. Auf dem Hinflug nachts 10 Stunden nach Südafrika sitzt eine Frau neben mir, die so gut wie gar nichts spricht. Nicht mal die geringsten Freundlichkeitsfloskeln. Erst am Morgen kurz vor der Landung wurde sie unheimlich gesprächig. Aber da wollte ich nicht mehr so recht.
Und auf dem Rückflug, auch über Nacht, rammt sich ein junger Mann in den Sitz neben mich und schaut nicht mal zur Seite, geschweige denn ein Gruß. Und ich denke ich bin nun wirklich kein abweisend aussehender Zeitgenosse. Ich schaue ihn groß von der Seite an, sage Hallo, er stößt ein kurzes „Tag“ aus und stiert wieder vor sich hin.
Also nur weil mir das zweimal hintereinander passiert ist und weil man bei einem 10 stündigen Nachtflug ja quasi nebeneinander im Schlafzimmer sitzt habe ich mich den Klassiker gefragt „spinne ich oder spinnen die anderen?“ Gelten selbst im Flugzeug jetzt auch die Gesetze des anonymen Verhaltens gesichtsloser Großstädter? Oder gibt es nicht einen Mindeststandard an Umgangsformen, Zwischenmenschlichkeit, Höflichkeit, wenn man schon so nah beieinander sitzt?
Ich denke grüßen gehört zum Mindeststandard an Umgangsformen. Denn egal ob ich „Grüß Gott“sage, was übrigens nicht den lieben Gott zu grüßen meint, sondern Gott segne dich, also ob ich nun Grüß Gott, Hallo, Tach oder Moin, Moin sage, jemand zu grüßen ist keine oberflächliche Anstandsfloskel. Sondern es zeigt: ich nehme dich wahr, ich bin dir wohl gesonnen und respektiere dich. Egal ob auf einem einsamen Feldweg, am Morgen im Büro oder in extremer Körpernähe wie im Flugzeug: Grüßen gehört sich einfach.
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