SWR2 Wort zum Tag

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10MRZ2020
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Gehören Sie zu den Menschen, die ungern nach dem Weg fragen? Die in einer fremden Stadt oder in einer unübersichtlichen Behörde lieber dreimal im Kreis laufen als jemand anderen anzusprechen? Das kann ich nur schwer verstehen. Ich selbst frage lieber.

Ich weiß natürlich: Wie man es am besten anstellt sich zurechtzufinden, kann jeder selbst entscheiden. Was mir aber zu denken gibt ist, dass es vielen Menschen grundsätzlich schwerfällt, um Hilfe zu bitten: Der älteren Dame zum Beispiel, die nach einem Unfall ihre Einkäufe nicht selbst erledigen kann, und mir erzählt: Ja, die meine Nachbarin hat mir schon länger angeboten zu helfen, wenn ich etwas brauche. Aber jetzt mag ich sie doch nicht darum bitten. Oder der Familie, die im Nachhinein erzählt, dass sie sich in einer schwierigen Situation ein Gespräch gewünscht hätten – aber Scheu hatten, sich im Pfarramt zu melden.

Jesus, das finde ich bemerkenswert, hat Menschen ausdrücklich ermutigt, um Hilfe zu bitten: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan (Matthäus 7,7; Lukas 11,9), heißt es in der Bergpredigt. Jesus redet dabei über das Beten. Es geht also darum, Gott um Hilfe zu bitten. Aber die Beispiele, die Jesus nennt, erzählen von ganz alltäglichen, zwischenmenschlichen Begebenheiten – im Lukasevangelium zum Beispiel davon, wie es ist, in der Nacht bei einem Freund zu klopfen und ihn um Brot zu bitten, weil unerwarteter Besuch gekommen ist.

Bittet, so wird euch gegeben: die Worte von Jesus ermutigen dazu, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen und sie im Gebet auch auszusprechen – und Gott damit, wie Martin Luther gesagt hat, „in den Ohren zu liegen“. Aber ich finde, die Sätze aus der Bergpredigt machen auch Mut, andere Menschen um Unterstützung zu bitten. Vielleicht ist das Bitten im Gebet dafür ja sogar eine gute Übung: Versteck dich nicht mit deinen Bedürfnissen. Teil sie mit, teile sie. Und zeige so auch anderen, dass sie sich an dich wenden dürfen, wenn sie Unterstützung brauchen.

Ich jedenfalls mache in den meisten Fällen ganz positive Erfahrungen damit, um Hilfe zu bitten. Oft ist etwas, das mir Mühe und Sorgen bereitet, für jemand anderen gar kein großes Problem. Viele – und so geht es mir ja auch – freuen sich sogar, wenn sie helfen können. Und selbst, wenn jemand nein sagt – und ich finde es wichtig, dass man das auch darf: Meist erfahre ich trotzdem Verständnis für mein Anliegen, und es ist ein gutes Gefühl, mit dem Problem nicht allein geblieben zu sein.

Deshalb möchte ich auch Sie ermutigen: Bitten Sie um Hilfe, wenn Sie Hilfe brauchen. Nur dann ist es möglich, die Erfahrung zu machen, die Jesus beschreibt: Wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan

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