SWR1 3vor8

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01MRZ2020
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Wenn etwas Schlimmes passiert ist, dann fragen Menschen als erstes: „Wer hat Schuld?“ Ganz egal ob im Privaten die Kinder etwas angestellt haben oder wie vor ein paar Tagen nach dem schlimmen Attentat in Hanau. Wer hat Schuld? Mit der Frage kann man sich ja oft auch ganz beruhigt aus der Affäre ziehen. Ich bin es nicht. Ich kann nichts dafür. Ich bin unschuldig.

Die biblische Geschichte, über die heute in den evangelischen Gottesdiensten gepredigt wird, handelt von Adam und Eva. Adam, „der Mensch“ und Eva „die Mutter alles Lebendigen“. Die lebten im Paradies, erzählt die Bibel. Aber auch da machen sie einen Fehler. Sie kennen vielleicht die Geschichte von der verbotenen Frucht, die sie doch essen.

Da, heißt es, fragt Gott selbst, was passiert ist. Aber er fragt nicht nach der Schuld. Er fragt nicht nach rückwärts. Also nicht: Was hast du getan? Gott fragt: „Wo bist Du Adam?“ Also: Wohin bist du geraten, Mensch?

Adam und Eva, die waren nicht katholisch oder evangelisch, nicht Muslime oder Christen, nicht Deutsche oder Ausländer. „Der Mensch“ ist gefragt. Jeder Mensch. Auch wir Menschen in Deutschland. Auch uns gilt Gottes Frage: Wo bist du, Mensch? Wo sind wir hin gekommen mit unseren Sorgen und Befürchtungen? Wohin sind wir geraten mit unserer Weltanschauung?

Die Bibel erzählt: Als Adam Antwort gibt, da stellt Gott noch eine Frage: „Wer hat dir das gesagt?“ Wer hat dir gesagt, dass du dich fürchten musst? Wer hat dir gesagt, wie du denken sollst?

Ich glaube, auch das ist eine Frage an uns alle, heute noch. Wer sagt uns, was wir denken sollen? Wovor wir uns fürchten müssen?

Die Bibel erzählt, dass Gott den Menschen immer wieder sagen lässt: Fürchtet euch nicht! Und als Weg zu einem friedlichen Leben: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Kann man das noch hören in unserem Land?

Gerade heute ist das wichtig, dass wir die anderen fragen, dass wir aber auch uns selbst so fragen: wer hat dir das gesagt? Vielleicht wird dann auch klarer, was man weitersagen und weitergeben kann an die Kinder und Enkel, an Nachbarn und Freunde.

Wohin bist du geraten? Und „Wer hat dir das gesagt? Diese Fragen möchte ich Ihnen heute Morgen weitergeben. Weil ja Gott nach uns fragt. Und ich würde gern sagen: Hier bin ich, Gott. Schau mich an: ich bin ratlos, entsetzt und beschämt wegen der schlimmen Dinge, die in unserem Land passieren. Mach uns Kleider Gott, wie du es für Adam und Eva getan hast. Rüste uns aus für den Weg in eine gute Zukunft.

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