Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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05MRZ2020
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„Was brauchen Kinder, um gut durchs Leben zu gehen?“, fragen sich viele Eltern und Großeltern. Auch der amerikanische Musiker Phil Keaggy hat sich diese Frage gestellt, als sein Sohn noch klein war. Deshalb hat er ein Lied für ihn geschrieben. „Gentle and strong“ heißt es – „Freundlich und stark“.

„Werde freundlich und stark“, ich finde das einen tollen Wunsch. Ich hab ihn auch für meine eigenen Kinder übernommen. Ich glaube: Freundlich und stark kann man tatsächlich gut durchs Leben gehen.

Stark sollen Kinder werden, nicht nur äußerlich, sondern vor allem innerlich. Damit sie mit den Herausforderungen des Lebens klar kommen. Resilienz nennen die Psychologen diese innere Stärke. Widerstandsfähigkeit heißt das übersetzt. Kinder sollen gut gerüstet sein für die Stürme des Lebens. So dass Stress, Verluste, Spannungen und was ihnen sonst noch im Leben begegnet, sie nicht umwerfen können.

Stark werden hat aber nichts mit Abhärten zu tun. Nicht die Kinder werden widerstandsfähig, die besonders hart und streng erzogen werden. Das hilft ihnen nicht im Leben. Psychologen haben herausgefunden: Stark werden Kinder, wenn sie einen Menschen haben, dem sie vertrauen und der gleichzeitig ihnen etwas zutraut. Kinder brauchen jemanden, der sie viel selber machen lässt und gleichzeitig da ist, wenn sie Hilfe brauchen.

Zur Stärke muss aber noch etwas dazu kommen, findet Phil Keaggy in seinem Lied. Nämlich die Freundlichkeit. Und ich glaube er hat Recht. Manche meinen, dass Stark-Sein und Freundlich-Sein Gegensätze sind. Ich finde das nicht. Sich bedanken, sich entschuldigen, jemandem den Vortritt lassen oder den anderen grüßen. Das ist nicht schwach, sondern aufmerksam. Es ist stark, wenn man das kann. Es ist schwieriger, nicht nur sich selbst, sondern auch andere im Blick zu haben und nicht nur für sich, sondern auch für andere da zu sein, und deshalb ist es auch stärker. Vielleicht ist es sogar so: Es gibt gar keine echte Stärke ohne Freundlichkeit. Wirklich stark bin ich nicht für mich allein. Echte Stärke heißt immer auch: Für andere stark sein.

Auch bei der Freundlichkeit spielen die Erwachsenen, die die Kinder begleiten, eine wichtige Rolle: Kinder lernen vor allem, was wir Eltern, Großeltern, Lehrer und Erzieher ihnen vorleben.

Ich wünsche mir für meine Kinder keine Welt, in der jeder nur auf sich schaut und die Ellenbogen ausfährt. Sondern eine Welt, in der die Menschen freundlich und solidarisch miteinander umgehen und füreinander Verantwortung übernehmen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30439
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