Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

29FEB2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

„Zuversicht! Sieben Wochen ohne Pessimismus“, so lautet in diesem Jahr die Fastenaktion der Evangelischen Kirche. 

Als ob das für einen Pessimisten so einfach wäre, seine Dunkelkammer zu verlassen! Ich kenne den Grauschleier über meinem eigenen Gemüt. Selbst der ist nur schwer zu lüften. Wie mag es dann den notorischen Schwarzsehern ergehen! Ein leises Knirschen in der Ehe, schon sehen sie das Glück in tausend Scherben. Oder sie ächzen unter der Last ihrer Arbeit und fürchten gleich den Zusammenbruch. Lacht die Sonne am Himmel, dann wird’s ganz bestimmt noch blitzen und krachen. Das halbvolle Glas ist für Pessimisten grundsätzlich halb leer. Und das soll sich in sieben Wochen ändern.

Nun - mit Appellen allein ist es gewiss nicht getan. Mit einer Rosa-Brille auch nicht. Aber in kleinen Schritten könnte es gelingen, den Blick zu weiten, um nicht immer nur schwarz zu sehen. 

Ich gucke vor dem Schlafengehen gerne die „Tagesschau“. Nein – nicht die in der ARD, sondern die selbst gedrehte aus dem eigenen Studio. Ich lasse den verflossenen Tag noch einmal vor meinem geistigen Auge Revue passieren und lege nur einen einzigen Filter drauf. Und der lautet: Was ist heute gelungen, was war gut und schön? Kein Abend, an dem ich nicht fündig würde: Das freundliche Wort an der Ladenkasse und das fröhliche Lachen der Kinder auf dem Weg in den Kindergarten. Ein Seelsorgegespräch, das  einem Menschen ein wenig weitergeholfen hat. Und die schwer kranke Frau, die ich besuchte – sie hat mir mehr Trost geschenkt, als ich ihr geben konnte.  

Zweck der Übung: Den Blick zu schärfen für Licht und Farbe im Leben. Die dunklen Erfahrungen werden ja keineswegs verdrängt, die würden sonst im Untergrund rumoren. Aber ich halte sie ins Licht, und so verlieren sie ein wenig ihre Schrecken. Vielleicht hilft diese Übung auf lange Sicht, auch die helle Seite des Lebens zu sehen und nicht ganz im Pessimismus zu versinken. 

Wenn´s mal wieder ganz dick kommt, aktiviere ich eine App auf meinem Smartphone und bete mit den Mönchen aus Taizé: „Christus, meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht´ mich nicht. Auf dich vertrau ich und fürcht´ mich nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30406
weiterlesen...