Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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26FEB2020
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Auch die Bibel erzählt von einem „Politischen Aschermittwoch“. (Nun ja – ob es ein Mittwoch war, sei dahingestellt). Der Unheils-Prophet Jona verkündet der Stadt Ninive im Namen Gottes den Untergang. Leute, hört mal her: Wenn ihr euch nicht wieder zu Gott bekehrt, ist in vierzig Tagen Feierabend! Da geschieht etwas völlig Unglaubliches: Die Botschaft kommt tatsächlich rüber. Die Menschen halten den Atem an und tun Buße. Sogar der König wirft sich in Sack und Asche. Die sündige Stadt kommt noch einmal davon (Buch Jona 3,1-10). 

O Jona, wann besuchst du endlich die Metropolen unserer Zeit? In Washington zum Beispiel gäb´s viel zu tun. Nach deiner Predigt, stelle ich mir vor, säße plötzlich einer auf dem Kapitol in Sack und Asche, beweinte seine Sünden und böte twitternd seinen Rücktritt an. In aller Welt würden die Diktatoren ihren geplagten Völkern zu erkennen geben: Wir haben verstanden! 

Schon tags darauf träfen sich die Staatslenker der G 20 in Rom, um sich von Papst Franziskus ein Aschenkreuz auf die Stirn zeichnen lassen. Klar: Der hatte es zuvor schon sich und seinen Vasallen im Vatikan aufgelegt. Nun kämen die so Gezeichneten schnell zur Sache: Alle Atomwaffen werden verschrottet, der Waffenhandel verboten, die Kriege beendet und der Kapitalismus zugunsten einer „Ökonomie des Teilens“ ausgehungert. Ich bin mir sicher: Daran hätte Gott ebenso sein Wohlgefallen wie damals in Ninive. 

Bekehren müssen sich in Ninive allerdings nicht nur die da oben, sondern alle, auch das Volk. Das Aschenkreuz auf der Stirn konfrontiert uns mit unserer Sterblichkeit: „Gedenke, o Mensch, du bist Staub und zu Staub kehrst du zurück“. Wer um seine Endlichkeit weiß, wird demütig und bescheiden. Er sieht sich verbunden mit allen Geschöpfen, die dieses Los teilen müssen. Das macht achtsam und solidarisch. Aufgeblasene Wichtigtuer und bornierte Angeber betrügen sich selbst. Auch nach ihnen wird einmal kein Hahn mehr krähen. 

Für Christen aber ist das Aschenkreuz mehr als nur ein mahnendes Symbol: Wir verbinden mit dem Weg der Bekehrung die österliche Hoffnung, dass unser begrenztes Leben einmal einmünden wird in ein Leben bei Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30404
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