Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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04FEB2020
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„Ich bin raus aus Facebook“. So sagte Michael Blume neulich bei einer Podiumsdiskussion. Er ist der Antisemitismusbeauftragte der Baden-Württembergischen Landesregierung. Ein Grund war, dass er kaum hinterherkam, die vielen Hasskommentare zu löschen, die bei ihm aufgelaufen sind.

Ja, es ist fies geworden im Internet. Wie kommt es, dass Leute vor dem Bildschirm ihre guten Eigenschaften über Bord werfen? Das frage ich mich wirklich. Denn von Anstand und guter Kinderstube ist da nichts mehr zu sehen. Es könnte an der Anonymität der sozialen Medien liegen. Hasserfüllte Menschen sagen die Unverschämtheiten nicht direkt ins Gesicht. So sehen sie die Reaktion der Betroffenen nicht. Sonst würden sich manche vielleicht doch schämen.

Und andere sind im Netz auf Öffentlichkeit aus. Wenn viele ihre Aktion gut finden und ihnen beipflichten, gibt ihnen das den schaurigen Kick.

Ich halte es für meine Christenpflicht, denen zu widersprechen, die Lüge und Hass verbreiten. Angenehm ist das nicht. Viel lieber würde ich unter Gleichgesinnten bleiben. Doch damit würde ich zulassen, dass sich der Hass noch weiter ausbreitet. In den 10 Geboten heißt es als achtes Gebot: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.“ Deshalb kann ich es nicht unwidersprochen hinnehmen, wenn ich Unwahres lese. Sonst würde ich mich mitschuldig machen. Bei Hassbotschaften ist es dasselbe. Die kann ich nicht einfach so laufen lassen. Als Christin trage ich Verantwortung.

Eine Freundin hat mir von ihren Eltern erzählt: Dass ihre Eltern sich manchmal echt fies über Minderheiten oder Ausländer äußern. Und dann meint sie: „Ich kann nicht das ganze Land ändern, aber ich kann meine Eltern ändern, in ihrer Einstellung anderen Leuten gegenüber.“

Auch ich kann da anfangen, wo ich einen Einfluss habe, bei den Kommentaren, die ich mitbekomme, ob im Internet oder im direkten Gespräch.

Ein Glück habe ich Vorbilder. Meinen Hausarzt zum Beispiel. Bei ihm im Wartezimmer hängt eine Erklärung gegen Rassismus und Diskriminierung. Da steht unter anderem: „Bei uns ist kein Platz für Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung gegen Menschen mit anderer sexueller Orientierung und mit körperlich oder geistiger Behinderung.“ Ganz schön mutig, finde ich. Mich motiviert das.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30250
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