Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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01FEB2020
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Es ist eines meiner Lieblingsworte: selig. Und hat überraschenderweise nichts mit der Seele zu tun, sondern mit Glück, Heil und Segen

Es kommt vom althochdeutschen „sälig“, was wohlgeartet bedeutet,
gut, glücklich und heilsam. Viele schöne Worte sind davon abgeleitet: glückselig, redselig, mühselig oder Habseligkeiten.
Das kleine, feine Wort selig ist ein typisch christliches Wort. Denn es ist eines der zentralen Worte die Jesus in den Mund genommen hat. In seiner Sprache dem Aramäischen hieß es: Ascheri und meinte umfassendes Heil. Bei seinem ersten öffentlichen Auftreten am See Genezareth war das sein Schlüsselwort - in den sogenannten Seligpreisungen. Sie sind die Basis seiner Botschaft. Der Evangelist Matthäus nennt neun dieser Seligpreisungen, Lukas drei und es gilt als sicher, dass Jesus diese drei Seligpreisungen genau so gesagt hat:
„Selig die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden. Selig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben.“
Welch schöne, revolutionäre und zeitlose Worte. Denn Jesus stellt gleich am Anfang seines Wirkens die Armen in den Vordergrund, die Trauernden und die Sanftmütigen. Das war schon zu seiner Zeit ungewöhnlich, ja revolutionär, weil zum Beispiel die Notleidenden als von Gott bestraft galten und überhaupt nicht als selig. Und das war schön, weil er die Herzen der Menschen geöffnet hat mit seiner Haltung, die sich nicht um Geld, Macht oder Prestige geschert hat. Und sie war und ist zeitlos, wenn ich den Blick mit den drei ersten Seligpreisungen auf unsere Welt richte.

Selig die Armen vor Gott, das heißt auch heute: Selig die Menschen, die nicht an Besitz, Macht oder Leistung hängen, sondern fähig sind gerade diese Dinge loszulassen. Was ihnen den Blick frei macht in die Herzen der Menschen und auf das, was wirklich zählt im Leben.
Selig die Trauernden, weil sie Schmerz zulassen können, weil sie fühlen können und mitfühlen. Und dadurch offen werden, sich selbst trösten zu lassen. Und dann auch selbst trösten können.
Und selig schließlich die Sanftmütigen, die friedlich und freundlich sind.
In Wort und Tat. Das heißt aber beileibe nicht, naiv gutmütig zu sein. Sondern zu wissen, dass nicht Gewalt die Menschen weiterbringt, sondern die sanfte Kraft der Liebe.

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