Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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28DEZ2019
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In der Weihnachtsgeschichte der Bibel sind alle bei etwas gestört worden. Alle hatten eigentlich etwas anderes vor. Das ist mir in den vergangenen Tagen besonders aufgefallen.

Maria und Josef wollten sich vermutlich einfach nur ein trautes Heim einrichten. Die Laune des Kaisers, sein Volk zu zählen, ist eine ärgerliche Störung. Sie haben keine Wahl. Sie müssen los, nach Bethlehem.

Die Hirten von Bethlehem hatten eine ganz normale Nachtschicht vor, wie hunderte Nachtschichten vorher. Alles wie immer. Der Gesang der Engel aber unterbricht ihre Routine. Die Hirten brechen neugierig auf, um das neugeborene Kind zu sehen.

Die Weisen aus dem Morgenland sind auch gestört worden. Sie haben einen besonderen Stern am Himmel gesehen. Der hat sie so beschäftigt, dass sie nicht einfach zur Tagesordnung übergehen konnten. Darum sind sie aufgebrochen.

Es sind ganz unterschiedliche Störungen, die diesen Menschen begegnen. Für die einen ist die Störung heftig, vielleicht furchteinflößend, für die anderen reizvoll und willkommen - aber alle lassen sich darauf ein. Das beeindruckt mich an ihnen. Sie waren nicht für immer festgelegt. Sie haben sich darauf eingelassen, aus dem gewohnten Trott zu kommen, ihre gewohnten Denkmuster aufzugeben und etwas Neues zu erleben. Sie hatten vorher sicher einen Plan für ihr Leben und eine Vorstellung davon, wie es weitergehen würde. Dann ist es anders gekommen als geplant. Das hat für sie vieles durcheinandergebracht. Aber im Nachhinein hätten sie wohl gesagt: Anders war es dann auch gut.

Alle haben unterwegs etwas erlebt, was ich als Segen bezeichnen würde. Einen Fingerzeig, einen hilfreichen Menschen, ein Licht in dunklen Momenten, einen Boten Gottes. Sie haben nicht immer gewusst, wie alles werden würde. Manchmal haben sie vermutlich nicht einmal den nächsten Schritt klar vor sich gesehen. Und doch sind sie gesegnet unterwegs gewesen.

Ich will von ihnen lernen, mich stören zu lassen. Mich drausbringen zu lassen aus meinen gewohnten Mustern und - wenn es sein soll - auch neben der Spur zu gehen. In dem Vertrauen: Auch da wartet Segen.

Ich kann nicht sagen, dass ich mir fürs neue Jahr Störungen wünsche. Aber ich wünsche mir, dass ich offen mit ihnen umgehen kann. Und dass ich im Nachhinein sagen kann: Es war anders geplant. Aber es war gut, wie es gekommen ist.

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