Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

17DEZ2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ein öffentliches Amt zu bekleiden oder ein politisches Mandat zu übernehmen, ist neuerdings lebensgefährlich. Abgeordnete werden – meistens anonym – mit Hass-Mails überschwemmt, in übelster Weise beschimpft, verleumdet und durch den Dreck gezogen. Wenn gar die Meldung aufschlägt: „Wir wissen, wo du wohnst“, kriecht auch den Mutigsten die Angst in den Nacken. Erst recht, wenn hinterhältig die ganze Familie bedroht wird: „Wir kennen deine Kinder!“ Dass die Täter möglicherweise Ernst machen,  beweist der heimtückische Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. 

Abgeordnete und Amtsträger sind Personen des öffentlichen Lebens und als solche überall bekannt. Wir wissen: Die Qualität ihrer Politik entscheidet sich an der Nähe zu den Menschen. Da kann man sich nicht einfach im Hochsicherheitstrakt eines Parlaments verschanzen, sondern muss hinaus, muss Rede und Antwort stehen, Nähe suchen und den Dialog. Doch das bedeutet Gefahr für Leib und Leben!. 

Aus welcher Ecke heraus auf politisch Verantwortliche gezielt und auch geschossen wird, ist klar: Das sind die Feinde der Demokratie. Sie zermürben die Akteure physisch und psychisch. Sie tun es in der Absicht, so die parlamentarische Demokratie zum Einsturz zu bringen, als wär sie eine morsche Hütte. Ständig bedroht und eingeschüchtert, beleidigt und gedemütigt will kaum noch jemand ein Amt oder ein Mandat übernehmen. „Warum tu ich mir das eigentlich an?“, hört man Parlamentarier und Oberbürgermeister klagen. 

Hetzer gehören vor den Kadi. Es kann doch nicht sein, dass im Netz erlaubt und straffrei bleibt, was laut Gesetz eindeutig eine Straftat ist. 

Meine Bitte an uns alle: Bilden wir einen Schutzwall um die herum, die als aufrechte Demokraten für uns demokratische Politik machen oder ein Amt innehaben. Auch dann, wenn wir manchmal Grund zur Klage haben oder uns heftig mit Parlamentariern auseinandersetzen müssen. Das müssen die aushalten. Dass sie aber an Leib und Leben bedroht werden, ihre Tage und Nächte von Angst gezeichnet sind, dass ihre Angehörigen zittern – das geht gar nicht! Sie verdienen vielmehr Respekt, Dank und Anerkennung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29948
weiterlesen...