Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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10DEZ2019
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Jetzt vor Weihnachten finde ich sie fast täglich in meinem Briefkasten: Spendenbriefe. Sie haben ganz unterschiedliche Absender: Hilfsorganisationen, Ärztevereinigungen, Behinderteneinrichtungen, Missionsgesellschaften oder Kirchen.

Da verliert man leicht den Überblick. Und ich frage mich: Wer sind die eigentlich alle? Wem gebe ich da was? Und wie viel? – Ich kann verstehen, dass es Menschen gibt, denen das alles zu viel wird, und bei denen die ganzen Spendenaufrufe deshalb im Altpapier landen.

Ich finde schon auch, dass es eigentlich zu viele sind. Andererseits bin ich auch dankbar dafür: Die Spendenbriefe erinnern mich nämlich daran: Es gibt eine Menge Menschen auf der Welt, die in Not sind. Und ich kann was dagegen tun. Eigentlich weiß ich das auch ohne die Briefe. Aber die Spendenaufrufe sind ein Stupfer, den ich brauche, damit ich auch wirklich was gebe.

Abgeben hat im Judentum und im Christentum und auch im Islam eine lange Tradition. „Brich dem Hungrigen dein Brot“ (Jesaja 58,7), heißt es schon beim Propheten Jesaja. Und auch für die ersten Christen war klar: Zum Glauben gehört, dass ich mich um die kümmere, die Not leiden. Gottesliebe und Nächstenliebe sind zwei Seiten einer Medaille. Der erste, der Spendenbriefe verschickt hat, war wohl der Apostel Paulus. Damit hat er Geld für die Christen in Jerusalem gesammelt, wo es besonders viele Hilfsbedürftige gab. In einem dieser Briefe schreibt Paulus: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“ (2. Korinther 9,7).

Das ist eine Erfahrung, die ich beim Spenden immer wieder mache: Geben macht fröhlich. Vielleicht nicht gerade euphorisch, aber es fühlt sich gut an. Und vermisst habe ich das Geld hinterher nie. Paulus empfiehlt in seinem Spendenbrief: „Jeder soll für sich selbst entscheiden, wie viel er geben möchte, und soll den Betrag dann ohne Bedauern und ohne Widerstreben spenden“ (2. Korinther 9,7, Neue Genfer Übersetzung).

Von den vielen Briefen, die ins Haus flattern, wähle ich aus. Mit manchen Absendern verbindet mich etwas. Etwa mit der Behinderteneinrichtung, in der ich als junger Mann mal ein Praktikum gemacht habe. Bei anderen erscheint mir ein bestimmtes Projekt besonders unterstützenswert.

Ein älterer Mann, den ich als Gemeindepfarrer besucht habe, hat es anders gemacht. Wenn ich ihn im Dezember zu seinem Geburtstag besucht habe, lagen alle Überweisungsträger schön säuberlich auf dem Küchentisch ausgebreitet. Und er hat gesagt: „I guck, dass jeder was kriegt“.
So geht’s natürlich auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29914
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