SWR2 Wort zum Tag

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28NOV2019
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Ich bin Religionslehrerin an einer beruflichen Schule. Ich setze mich jeden Tag mit jungen Menschen auseinander, die mit mir ganz kritisch über Gott und die Welt und vor allem auch über die katholische Kirche sprechen. Und das fordert mich.

Letztens hat ein Schüler mich gefragt, wieso ich mir das als Frau überhaupt antue, Vertreterin einer so frauenfeindlichen Institution wie der katholischen Kirche zu sein. Ich hab‘ erstmal geschluckt und durchgeatmet. Denn mit dieser Frage hat er was in mir getroffen, womit ich ringe. Ich wollte innerhalb der Kirche nie etwas anderes, als Religionslehrerin werden. Ich habe in meinem Leben keine schlechten oder sogar traumatisierenden Erfahrungen mit der Kirche gemacht. Aber mein aufgeklärtes Frauenbild geht tatsächlich nur schwer mit den archaischen Strukturen der katholischen Kirche zusammen. Ich habe dann versucht zu erklären, dass der Glaube an Gott, an Jesus für mich so eine Art Liebesbeziehung ist, die ich als Teil der katholischen Kirche lebe. Sie begleitet mich seit meiner Geburt. Als Jugendliche war ich in den verschiedenen Gruppen in der Kirchengemeinde richtig zuhause. Das war ein Ort, an dem ich genau die sein konnte, die ich war … Damit kann ich nicht einfach brechen, weil mir manche Strukturen nicht gefallen. Das Fundament meiner Liebe ist ja noch da.

So richtig überzeugt hat meine Antwort den Schüler nicht – er meinte dann ganz salopp, dass Liebesbeziehungen ja häufig masochistisch seien.

Der Kommentar hat gesessen – so sehr, dass ich seitdem noch mehr über meine Rolle innerhalb der Kirche nachdenke, als vorher.

Ich finde, dass die Frauen in der katholischen Kirche gerade einen wichtigen Schritt wagen. Sie haben im Mai für eine Woche gestreikt um sich gegen eine männerdominierte Kirche und für den Zugang von Frauen für Weiheämter einzusetzen. Sie haben mit der Aktion gezeigt, welche Rolle die Frauen für das Gemeindeleben spielen. Und wollen darüber hinaus darauf hinweisen, dass innerhalb der Institution Kirche nicht die gleichen Rechte für Mann und Frau gelten. Es geht einfach nicht mehr zusammen mit der heutigen Lebenswirklichkeit.

Mich spricht an, wie die Münsteraner Dogmatikprofessorin Dorothea Sattler in dieser Diskussion argumentiert. Sie weist darauf hin, dass allein die Frage entscheidend ist, was Gott mit seiner Kirche will. Und wenn Frauen in dieser Kirche geweiht werden dürften, könnte durch die Gestalt der Kirche selbst gezeigt werden, dass die Kirche eine Gemeinschaft von Frauen und Männern ist. Weil Frauen und Männer in Christus die gleiche Würde haben. Sie erklärt es mit folgenden Worten: „Frauen sind nicht automatisch die besseren Amtsträger, aber ein Bewerberkreis aus Männern und Frauen würde ermöglichen, strenger zu prüfen und sich stärker an den Charismen zu orientieren: Wer ist kommunikationsfähig? Wer kann zuhören? Wer geht zu den Menschen? Wer ist bereit, sich selbstkritisch prüfen zu lassen?“

Dabei spielt das Geschlecht keine Rolle. Dieser Ansatz entspricht uns Menschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29828
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