SWR2 Wort zum Tag

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23NOV2019
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Wer einen Garten hat, der weiß: jetzt, wo die Tage kurz und oft auch trübe sind, jetzt ist die Zeit, um draußen Tulpen, Narzissen und Krokusse zu setzen. Jetzt müssen die Blumenzwiebeln für das nächste Frühjahr in die Erde. Was im Frühjahr aufgehen soll, das muss im Herbst angepackt werden.

Das hat sich die Natur gut überlegt, finde ich. Sie gibt mir den sanften Hinweis: wenn es draußen dunkler und ungemütlicher geworden ist, denke an die hellen Tage, die kommen. Wenn du den Frühling feiern willst, dann fange im Herbst damit an!

Genauso hat es Theodor Storm in seinem Herbstlied beschrieben: „Wohl ist es Herbst; doch warte nur, doch warte nur ein Weilchen! Der Frühling kommt, der Himmel lacht, es steht die Welt in Veilchen.“

Ich finde, da steckt viel Vertrauen in die Zukunft drin. In der dunklen Zeit das Helle zu denken und vorzubereiten. Hoffnung wie Blumenzwiebeln zu pflanzen. Hoffnung, die weiß: vieles von dem, was ich heute tue, geht erst später auf.

So haben es die Propheten der Bibel auch gemacht. Wenn die Welt um sie herum finster aussah, die Menschen müde waren und ihre Zuversicht erschlafft, dann haben die Propheten ihr Augenmerk auf die Zeichen der Hoffnung gerichtet. Jesaja zum Beispiel. Aus einem toten Holz sieht er einen neuen Trieb hervorgehen. Aus einem Baumstumpf wächst ein neuer Spross.

Auch Jesus verwendet gerne solche Bilder aus der Natur. Das Reich Gottes vergleicht er mit dem kleinsten aller Samenkörner: dem winzigen Senfkorn. Aber das wird schließlich größer als alle anderen Kräuter. Und treibt eines Tage Zweige, in denen die Vögel Nester bauen können.

So macht es der Glaube von jeher. Im Kleinen erkennt er das Große. In der Finsternis das Licht. Nicht von ungefähr bereiten sich Christen in den dunklen Wochen des November auf die Adventszeit vor.

Und auch der morgige Ewigkeitssonntag, der letzte Sonntag im Kirchenjahr, ist ja eine Erinnerung an die Zukunft. An eine Zeit, die kommen wird, wenn Gott alle Tränen abwischt und kein Leid mehr sein wird.

Mir aber sagt der Blick in meinen Garten: steck den Kopf nicht in den Sand! Sondern Blumenzwiebeln in die Erde! Fange an zu pflanzen: freundliche Worte, wache Aufmerksamkeit, Samenkörner der Hoffnung. Alles, was Zeit braucht um zu wachsen, um neues Grün hervorzubringen, alles das sollst du jetzt pflanzen! Jetzt ist die Zeit dafür.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29816
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