Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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22OKT2019
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Immer wieder werde ich gefragt: „Glaubst Du wirklich, dass da noch was kommt und nicht nichts ist, nach dem Tod?“

Diese Frage beschäftigt mich.Und ich kann sie einfach nicht mit einem klaren Ja beantworten. Nicht mehr – vielleicht konnte ich es noch nie. Immer wieder habe ich sie für mich mit „Ich hoffe es“ beantwortet. Ja, ich hoffe, dass da noch etwas kommt. Nach dem Tod.

Eine Ahnung davon, dass das hier nicht alles sein kann wurde mir am Bett von einem Sterbenden geschenkt. Er hat fest meine Hand gedrückt und gesagt: „Jetzt holt er mich ab.“ Dabei haben seine Augen von innen heraus geleuchtet. Ein großer fast heiliger Moment. Wer ihm da entgegenkam weiß ich nicht. Ein geliebter Mensch – Gott selbst?

Wenn ich daran denke, bekomme ich eine Gänsehaut und werde gleichzeitig innerlich ruhig. Ja, da muss noch etwas kommen. Das sind keine leeren Worte. Ich glaube, dass Gott uns entgegenkommt und heimholt, wenn wir sterben. Auch wenn es manchmal schwer zu glauben und kaum vorstellbar ist, wie das dann sein soll nach dem Tod, vertraue ich darauf, dass Gott unser Leben rundet, es heil und ganz macht. Und dass er treu und verlässlich ist. Einer, der Wort hält.

Karen Blixen hat das in ihre Buch Schicksalsanekdoten für mich wunderbar formuliert:

„Bis zu diesem Tag hat noch niemand gesehen,

dass die Zugvögel ihren Weg nehmen nach wärmeren Gegenden, die es gar nicht gibt,

oder dass die Flüsse ihren Lauf durch Felsen und Ebenen brechen,  

und einem Meer entgegenströmen, welches nirgends vorhanden ist.

Gott hat gewiss keine Sehnsucht oder Hoffnung erschaffen,

ohne auch die Wirklichkeit zur Hand zu haben, die als Erfüllung dazu gehört.

Aber unsere Sehnsucht ist unser Pfand und selig sind, die da Heimweh haben, denn sie sollen nach Hause kommen.“ (Karen Blixen, Schicksalsanekdoten, München 2007)

Am meisten packt mich dabei dieser Gedanke:

„Gott hat gewiss keine Sehnsucht oder Hoffnung erschaffen, ohne auch die Wirklichkeit zur Hand zu haben, die als Erfüllung dazugehört.“ Das glaube ich. Gott macht keine falschen Hoffnungen. Bei Gott gehören Hoffnung und Erfüllung zusammen. Das stärkt mich, und lässt mich vertrauen, dass da noch etwas kommt, wenn wir sterben. Denn davon bin ich überzeugt: Gott führt uns nicht an der Nase herum, wir werden von ihm nicht enttäuscht werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29634
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