SWR4 Abendgedanken RP

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Die Narren sind los! In allen Dörfern und Städten treffen sich Menschen um die kürzeste Karnevalssaison seit langem zu feiern. Überall wird gelacht und ist man fröhlich. Überall? – Nein, einen Ort gibt es, da bleibt das Lachen oft und zu oft wohl außen vor. Das sind unsere Kirchen. Muss das so sein? Sollte ein Glaube nicht auch fröhlich und über sich selbst lachend gelebt werden dürfen?

Teil 1

Ein Pfarrer konsultierte einen Psychiater. Dieser fragt ihn unter anderem: "Reden Sie im Schlaf?" "Nein", antwortet der Pfarrer. "Ich rede nur, wenn andere schlafen".

Wie viele Pfarrerwitze kennen Sie eigentlich? Manchmal kommt es mir so vor als ob es keinen anderen Berufsstand gäbe, über den man so herrliche Witze machen kann wie über „Gottes Bodenpersonal“, die „irdischen Gottesboten“, die „Pfaffen“ oder „Schwarzkittel“. Und selbst über die Amtstracht darf gelacht werden. Kennen sie den?

Am Stammtisch grübelt einer vor sich hin, bis die anderen ihn fragen, was denn los sei. Da fragt er: "Gibt es eigentlich schwarze Katzen, die einen halben Meter groß sind?" Nach eingehender Diskussion bildet sich eine Mehrheit heraus, dass das durchaus möglich sein könnte. "Gibt es auch schwarze Katzen, die einen Meter groß sind?" Die meisten Stammtischbrüder glauben, das sei kaum denkbar. "Und gibt es eigentlich schwarze Katzen, die einen Meter siebzig groß sind?" "Unmöglich!", lautet die einhellige Meinung. Darauf der Betroffene: "Ich glaube, dann habe ich heute früh unseren Pfarrer überfahren".

Nun, es mag ja sein, dass manche, die als himmlisches Bodenpersonal unterwegs sind, darüber nicht lachen können. Sollten sie aber.
Immerhin: Den ersten Witz über sie hat wohl Gott selbst erzählt. So hörte es sich jedenfalls in den Ohren des alten Vater Abrahams an. Gott hatte schon eine lange Geschichte mit ihm. Hatte ihn ausgesucht als Stammvater seines Volkes, war mit ihm und seiner Familie weite Wege gegangen, bis nach Ägypten und weiter. Hatte mit ihm einen Bund geschlossen und ihn gesegnet. Und als Abraham alles im Sinne Gottes erledigt hatte und sich auf ein ruhiges Alter freute, da verkündete ihm Gott: „Abraham, deine Frau Sara wird einen Sohn bekommen. Du wirst Vater!“ Das ist ein Witz, dachte Abraham. Denn seine Reaktion, die wir im ersten Buch Mose erfahren, war so:
Da fiel Abraham auf sein Gesicht nieder und lachte. Denn er dachte: Können einem Hundertjährigen noch Kinder geboren werden und kann Sara als Neunzigjährige noch gebären?

So ging es also zu, damals. Gott spricht – und Abraham wälzt sich vor Lachen auf dem Boden. Jede Reaktion hätte Gott sich vorbehalten können. Doch was macht er. Er scheint über seine eigene Ankündigung mitgelächelt zu haben. Und so setzt er noch eins drauf. Er sagt zu Abraham: Nenne deinen Sohn „Isaak“. Und das bedeutet übersetzt: Gott lächelt.
Wenn also Gott selbst schon damals Humor hatte, dann würde er bestimmt auch heute über den einen oder anderen Witz lachen, für das sein Bodenpersonal immer noch herhalten muss.

Der Pfarrer hatte die Eltern einer Konfirmandin getroffen. Am anderen Tag ist die Konfirmandin dem Pfarrer gegenüber sehr gereizt: ,,Herr Pfarrer, ich war mit ihnen auch schon oft unzufrieden. Aber bin ich je auf die Idee gekommen, ihre Eltern darüber zu informieren?"

Aber nicht nur auf Gottes Bodenpersonal sollte der humorvolle Blick gestattet bleiben. Schauen wir mal in die Bibel – dort gibt es so viele Geschichten und so viele Gestalten, auf die solch ein humorvoller Blick lohnt. Denn auch so können wir aus der Bibel etwas für unseren eigenen Glauben gewinnen.


Teil 2

„In unserer Kirche, Herr Pfarrer, ist es manchmal so wie im Film „Der Name der Rose“. Da gibt es ja so einen grimmigen Mönch, der allen das Lachen verbietet. Dürfen wir in der Kirche eigentlich wirklich nicht lachen?“ So fragte mich vor einiger Zeit ’mal jemand aus unserer Gemeinde. Und wenn wir im Konfirmandenunterricht über den Gottesdienst nachdenken, dann kommt das auch immer wieder.
„Nichts für junge Leute!“ „Da sind nur ernste Gesichter!“ „Die Lieder sind alt und traurig!“ „Keiner lacht!“. So sagen es die Konfi’s seit Jahren. Dabei geht es in den Gottesdiensten doch ums Evangelium. Die frohe und froh machende Botschaft. Ich würde den Konfirmanden ja gerne widersprechen. Aber irgendwie haben sie ja auch recht.
Vielleicht sollten wir es ja wirklich einmal anders versuchen. Auch mit einem Augenzwinkern. Da ist z. B. die Geschichte vom alten Noah, seiner Arche und den Tieren. Von der Bosheit der Menschen, von Gottes Zorn, in dem er beschließt, alles in einer Sintflut untergehen zu lassen, vom Befehl an Noah eine Arche zu bauen und von allem, das lebt, ein Paar mitzunehmen. – über all das könnten wir predigen. Man könnte die Geschichte von Noah, der Sintflut und der Arche aber auch ganz anders sehen. In wenigen Sätzen hier auch einmal die etwas andere „Moral von der Geschicht’“:

1. Nicht das Boot verpassen!
2. Denke daran, dass wir alle im selben Boot sitzen.
3. Plane vorausschauend! Es hat nicht geregnet, als Noah die Arche baute.
4. Höre nicht auf die Kritiker; tue einfach deine Arbeit weiter, die getan werden muss.
5. Um der Sicherheit willen, reise paarweise.
6. Geschwindigkeit ist nicht immer ein Vorteil. Die Schnecken waren ebenso an Bord wie die Geparde.
7. Denke daran, dass die Arche von Amateuren gebaut wurde; die Titanic von Profis!
8. Mache dir keine Sorgen um den Sturm! Wenn du mit Gott unterwegs bist, wartet immer ein Regenbogen auf dich.

Von den großen und wichtigen Gestalten der Bibel, die wir kennen, machen wir uns bestimmte Vorstellungen. Wir haben sie von Jesus, wir haben sie von seinen Jüngern und wir haben sie auch von jenem Mann, über den eine kurze Anekdote erzählt.

Ein Kirchenvorstand soll einen neuen Pfarrer wählen. Wie im richtigen Leben ist keine Bewerbung gut genug. Da sagt die Vorsitzende schließlich seufzend: "Tja, nun habe ich hier noch eine Bewerbung. Aber sie klingt nicht sehr Vertrauen erweckend. Der Mann schreibt von sich selber, er sei nicht ganz gesund, Krankheit mache ihm in der Arbeit immer wieder zu schaffen. Zwar verfüge er über weitreichende Erfahrungen, halte es aber nie lange in einer Gemeinde aus. Nur in einer sei er immerhin drei Jahre geblieben. Öfters habe er Streit mit Amtsbrüdern oder bestimmten Gruppen in der Gemeinde. Organisation sei nicht seine starke Seite. Gelegentlich vergesse er sogar, wen er getauft habe. Er möchte der Gemeinde - so gut es eben geht - dienen." Alles entrüstet sich. So einer wagt es tatsächlich, sich auf eine Pfarrstelle zu bewerben. Und es wird abgestimmt: Nein, keine Probepredigt! Da schließt die Vorsitzende seufzend die Akte und sagt: "Das habe ich mir schon gedacht. Aber Sie sollen doch wenigstens den Namen dieses bedauernswerten Mannes erfahren. Es ist der Apostel Paulus."

Mir gefällt solch eine durch und durch menschliche Sicht auf diesen Mann und auf das, was er uns hinterlassen hat, eben nicht als Übermensch, sondern als ein einfacher, aber doch besonderer Mensch.

Von einem – wie ich finde – besonderen Menschen unserer Zeit, der es versteht, seinen eigenen Glauben nachdenklich und augenzwinkernd zu betrachten und auszudrücken, möchte ich nach der Musik erzählen.

Teil 3
Schon im 5. Buch Mose legt Moses den Menschen seines Volkes nahe, nach den Geboten zu leben und bei aller Arbeit, bei allem, was das Leben bringt, die Fröhlichkeit nicht zu verlieren. Er sagt: Ihr sollt fröhlich sein, ihr und eure Familien, aus Freude über alles, was eure Hände geschafft haben, weil der Herr, dein Gott, dich gesegnet hat. Schon für Moses und somit auch für Gott gehört also die Fröhlichkeit mit zum Leben und zum Glauben.
Ein Mensch, der das in ganz besonderer Weise gelebt hat und der mit der Stadt Mainz sehr eng verbunden ist, war der Kabarettist Hanns-Dieter Hüsch. Er sorgte für viel feinsinnige Heiterkeit unter den Menschen und hatte selbst aber viele schwere Stunden auszuhalten. Und in einer dieser schweren Stunden schrieb er eines seiner – wie er selbst sagt – Bekenntnisse. In seinem Buch „Das Schwere leicht gesagt“ schreibt er:

Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände meine Zeit.
Mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen,
Das Elend und die Zärtlichkeit.

Was macht, dass ich so fröhlich bin
in meinem kleinen Reich.
Ich sing und tanze her und hin
vom Kindbett bis zur Leich.

Was macht, dass ich so furchtlos bin
an vielen dunklen Tagen.
Es kommt ein Geist in meinen Sinn,
will mich durchs Leben tragen.

Was macht, dass ich so unbeschwert,
und mich kein Trübsal hält,
weil mich mein Gott das Lachen lehrt,
wohl über alle Welt.


Mich berühren diese Zeilen. Ich erinnere mich besonders an eine persönliche Begegnung mit Hans-Dieter Hüsch in meiner Heimatstadt Dinslaken, in der nach seiner Meinung ja der liebe Gott zu Hause ist.
Als wir uns dann auf die fiktive Suche nach der Wäscherei machten, die die Schwester vom lieben Gott in Dinslaken betreibt und uns dabei unterhielten, dachte ich: So stelle ich mir den Apostel Paulus vor. Eigentlich unscheinbar, aber mit einem genauen Blick für die Situationen im Alltag, wenn nötig streitlustig, treffgenau im Reden und Schreiben, gottesfromm und missionarisch. Vielleicht mit dem kleinen Unterschied. Das verschmitzt fröhliche Augenzwinkern –das scheint dem Paulus manchmal gefehlt zu haben. Und mit genau diesem Augenzwinkern, mit viel Fröhlichkeit, aber auch aus dem eigenen Glauben heraus schaut Hanns-Dieter Hüsch auf diese fünfte Jahreszeit, in der wir uns gerade befinden, den Karneval. Und auch für diese Zeit findet er Worte, die er dem 147. Psalm nachempfunden hat.

Wir feiern das Fest, wir tanzen den Tanz,
wir singen und schunkeln,
Tag und Nacht.
Die Fröhlichkeit hat uns erfasst;
mit Haut und Haaren werden wir
in den Strudel gezogen;
Spaß und Frohsinn haben uns angesteckt,
die Raketen steigen zum Himmel.
Und Menschen, die wir nie kannten,
lachen uns zu.
Für ein paar Tage
entfliehen wir dem Alltag und Elend.
Unsere Masken verraten,
wer wir wirklich sind – für eine kurze Zeit –
oder schon ein ganzes Leben.
Du heilst die zerbrochenen Herzen, Gott,
und darum bitten wir dich:
dass wir nicht noch mehr zerbrechen.
Du verbindest unsere Wunden,
und deshalb bitten wir dich:
dass wir nicht noch weitere Wunden aufreißen.
Bei dir sind wir gut aufgehoben,
wenn wir singen und tanzen,
feiern und schunkeln –
vielleicht ein Fest der Befreiung.
Pass gut auf uns auf. Gott.


Mit diesen Worten von Hans-Dieter Hüsch wünsche ich Ihnen eine gute Zeit bis zum Aschermittwoch. https://www.kirche-im-swr.de/?m=2950
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