Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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26AUG2019
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„Mensch ärgere dich nicht.“ Eine gute Aufforderung.

Aber nicht immer leicht umzusetzen. Schließlich gibt es so manches, über das ich mich ärgere. Zum Beispiel wenn das Internet mal wieder nicht so will wie ich, wenn andere Autofahrer vor mir nicht vorwärtskommen, oder jemand mir mit dummem Geschwätz blöd kommt. Gleichzeitig weiß ich, dass der Ärger meinen Tag trübe macht und der oder die andere, die Grund meines Ärgers ist, oft gar nichts davon mitbekommt.

„Mensch ärgere dich nicht.“

Das ist ein altes Gesellschaftsspiel und ich liebe es. Ungezwungen Zeit miteinander verbringen und spielen. Manchmal merke ich gar nicht, wie dabei die Zeit vergeht.

Doch es gibt auch Menschen, denen ist Spielen suspekt. Das machen doch nur Kinder. Erwachsene sind über diese Phase hinaus. Schließlich ist man ja nicht produktiv,während man spielt.

Wenn ich das höre, leuchtet ein rotes Gefahrenlämpchen in meinem Gehirn auf. Denn wenn alles produktiv sein muss, dann sind wir Menschen über kurz oder lang nur noch Sklaven unserer Arbeit. Ich stelle mir da die Frage: Lebe ich, um zu arbeiten, oder arbeite ich, um zu leben?

Für mich kann die Antwort nur heißen: Ich arbeite, um zu leben. Und leben heißt für mich auch, genügend freie Zeit zu haben, die eben nicht produktiv sein muss. Sondern ganz zweckfrei gestaltet werden kann.

„Mensch ärgere dich nicht.“ Der Name des Spiels ist Programm.

Es ist eine gute Schule für das Leben. Dabei ist es gar nicht so leicht, sich nicht zu ärgern, wenn man wieder kurz vor dem Ziel rausgeworfen wird. Das ging mir, als ich klein war, genauso.

Später ist mir dann klar geworden, dass mich dieser Ärger nicht weiterbringt. Dass es sogar manchmal unmöglich war, weiterzuspielen, wenn jemand aus lauter Ärger das ganze Spielfeld durcheinandergebracht hat.

Vielleicht muss man eine Runde „Mensch ärgere dich nicht“ spielen, um andere Menschen wirklich kennen zu lernen. In diesen Extremsituationen ist es manchmal sehr schwer, die Haltung zu bewahren. Da wird aus einem scheinbar ruhigen Typen plötzlich ein aufbrausender Spielverderber, während ein anderer sich lächelnd auf die harte Prüfung einlässt. Die Gewinnertypen tuen sich damit oft am schwersten. Gerade in diesem Spiel kann ich lernen, mich so zu ärgern, dass es mir das Leben nicht vergällt. Denn auch verlieren will gelernt sein.

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