Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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02AUG2019
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Vor einem Jahr hat man an meiner Niere einen Tumor entdeckt. Er ist inzwischen entfernt und im Moment ist alles in Ordnung. Gleich nach der Diagnose hat mich eine Freundin gefragt: „Hast Du schon mal überlegt, was Dir so auf die Nieren geschlagen hat?“ Ja, das hatte ich, dann aber den Gedanken schnell wieder verworfen. Ich weiß schon, dass Leib und Seele zusammenhängen. Aber ich weiß auch, dass der Zusammenhang kompliziert ist. Man darf das nicht zu schlicht sehen. Es gibt da kein einfaches Ein-zu-eins: Hier die Ursache - dort die Auswirkung. Ja, es ist geradezu fahrlässig, dabei eine allzu simple Gedankenfolge herzustellen. Aus diesem Grund habe ich mich bald gegen die Frage meiner Bekannten gewehrt und mich darüber geärgert, dass sie dabei so einen inneren Druck in mir aufbaut. Wenn ich ihre Frage weiterdenke, kommt nämlich rasch die Frage nach der Schuld ins Spiel. Bin ich selbst schuld, dass ich krank geworden bin? Ich hätte ja anders leben können…

Der Zusammenhang von Krankheit und Schuld ist uralt. Die Bibel macht das an etlichen Stellen zum Thema. Wer sehr krank ist, muss viel Schuld auf sich geladen haben. So haben die Frommen damals gern gedacht. Und es sich dabei ziemlich einfach gemacht. Genau diese Logik macht Jesus zunichte. So denkt er nicht. Krankheit ist für ihn kein Mittel der göttlichen Pädagogik. Als ob Gott so ein Kleingeist wäre, dass er den Menschen, der ohnehin schon Probleme hat, dann auch noch strafen müsste, indem er ihm eine schlimme Krankheit schickt. Fatal dieses Denken. Und Jesus hat das gewusst und sich dem strikt verweigert. Er interessiert sich konsequent nur für den Menschen und seine Not. Er will, dass, wer krank ist, gesund wird. Er bittet Gott um Heilung. Die Vorgeschichte des Kranken ist dabei irrelevant. Jesus verkündet einen Gott, der befreit - von Krankheit und von Sünde.

Wer eine schwere Krankheit hat, womöglich ohne Aussicht auf Heilung, hat genug zu tragen. Er braucht Menschen, die ihn unterstützen, ihn aufbauen, ihm zur Seite stehen, wenn die Last unerträglich wird. Es ist überhaupt nicht einfühlsam und falsch, dem Betroffenen dann auch noch ein schlechtes Gewissen einzureden. Kranke machen sich ohnehin viele Gedanken über ihr Leben und wie es so war bisher. Und verstehen meistens ganz gut, wie kompliziert Leib und Seele miteinander in Verbindung stehen. Zusätzliche Lasten brauchen sie jedenfalls nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29149
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