Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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19JUL2019
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„Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist grün.“ Mein Patenkind liebt dieses Spiel. Und es ist gar nicht so einfach den Gegenstand zu finden, der gemeint ist. 

Das Spiel passt für mich super zu den biblischen Propheten. Auch sie sehen, was andere nicht sehen. Das sind natürlich keine roten, blauen oder grünen Sachen. Diese Menschen sehen etwas von Gott, was Anderen verborgen bleibt. Oft sehen sie auch eine neue Welt, in der alles anders und vor allem besser ist.

Einer dieser Propheten nennt sich Johannes. Im letzten Buch der Bibel steht, wie für ihn diese neue Welt aussieht. Da gibt es keinen Tod, kein Leid und keine Schmerzen mehr. Es ist eine Welt, in der Gott bei den Menschen ist, mitten unter ihnen. (Offb 21,3f.)

Ich sehe diese Welt noch nicht, von der Johannes erzählt. Sowohl in den Nachrichten, als auch direkt vor meiner Haustür gibt es Leid, Schmerz und Trauer. Da ist eine Mutter, die mit 35 Krebs bekommen hat und gegen den Tod kämpft. Ich sehe einen Mann, der sein Leben lang gearbeitet und sich auf den Ruhestand gefreut hat. Und dann erlebt er ihn nicht mehr. Ich sehe eine Frau, die einsam in ihrem Zimmer um ihren toten Mann weint und deren Schmerz auch nach Jahren einfach nicht weniger wird. 

Und trotzdem gilt Johannes Vision schon jetzt. Er will mich nicht auf irgendwann oder gar auf die Zeit nach dem Tod vertrösten, obwohl er weiß, dass nicht immer alles gut ist. Denn die Gemeinden, an die er damals sein Hoffnungsbild schreibt, werden verfolgt und unterdrückt, weil sie an Jesus glauben. Und trotzdem ist Johannes überzeugt, dass die neue Welt schon da ist. Er hat sie gesehen. Nämlich überall da, wo Jesus kranken, ängstlichen oder traurigen Menschen begegnet ist. Durch die Begegnung haben die Menschen etwas von Gottes Nähe gespürt. Damit hat sich für sie die Welt verändert. 

So gesehen, zeigt sich mir von dieser neuen Welt also immer dann etwas, wenn ich sehe wie Freunde gemeinsam Angst aushalten, miteinander um jemanden weinen oder sich Geschichten von früher erzählen. Wenn ich sehe, wie Trauernde von ihrer Familie ermutigt werden: Ich vermisse ihn auch. Aber komm, lass uns gemeinsam etwas machen. Ich sehe wie das Leben neu beginnen kann – mitten in der Trauer, mitten im Tod. Dann bricht die neue Welt, von der Johannes erzählt, schon an. Sie blitzt irgendwie so durch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29033
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