SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

07JUL2019
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Für ein paar Tage wollte ich unterwegs sein und knapp 7 Kilo hatte mein Rucksack schließlich. Da war alles Nötige drin. Eine Flasche Sprudel und ein Taschenbuch hatten auch noch Platz. Und das hat vollkommen gereicht. Das war gerade so viel, dass ichs gut tragen konnte. Normalerweise bin ich viel komplizierter.

Ich gehöre auch zu den Leuten, bei denen immer alles gut zueinander passen muss und alles ganz schön aussehen soll. Außerdem, man muss doch für alle Eventualitäten gewappnet sein – es könnte regnen, es könnte heiß werden, es könnte überhaupt alles Mögliche passieren – und dann?

Unterwegs mit leichtem Gepäck. Das entlastet enorm. Das entlastet nicht nur die Knie und den Rücken. Das macht auch den Kopf frei und schafft Platz, auf neue Gedanken zu kommen und mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Das entlastet von der Sorge, dass irgendetwas nicht reicht oder fehlt.

So habe ich das jedenfalls bei meiner Wanderung erlebt. Ich kann jetzt gut verstehen, warum auch Jesus zu leichtem Gepäck geraten hat. Er ist ja schließlich auch viel unterwegs gewesen und wird deswegen gewusst haben, was es wirklich braucht. Ein Brot, einen Wanderstab, ein Hemd und ein paar Schuhe, das hat er es den Leuten, die er auf den Weg geschickt hat, auf die Packliste gesetzt. So erzählt es die Bibel an einer Stelle.  Sie brauchen noch nicht mal eine Tasche und müssen sich kein Geld in den Gürtel stecken.

Mir kommt das so vor, als hätte Jesus gewusst, wie schwer ich es mir manchmal mache.
Wenn ich nur daran denke, was ich so alles in eine Woche reinstopfe: Die täglichen Pflichten, ja, klar, das muss sein, aber dann eben noch die Stunde Sport und mal eben schnell den Garten auf Vordermann bringen und zum Frisör will ich auch noch. Und dann ist da noch ein schönes Konzert… Muss doch nicht sein! Zumindest nicht alles auf einmal.

Und dann denke ich an den Kleinkram. Ich reg mich über Sachen auf, die es gar nicht wert sind. Verzettele mich in Nebensächlichkeiten. Dieser Kleinkram bindet bei mir oft so viel Zeit und nimmt wichtigen Dingen den Platz weg. Also: Raus damit!
Und die alten Geschichten von früher, die immer wieder in mir hochsteigen, die möchte ich auch nicht mehr mit mir rumschleppen. Oder die guten alten Zeiten, denen ich nachtrauere.

Ich glaube, die könnte ich ruhig mal auspacken. Schluss mit dieser Nachtragerei! Unterwegs mit leichtem Gepäck: Für mich bedeutet das: Reduzieren, loslassen, abgeben und vor allem: vertrauen. Vertrauen, dass Gott es mir leichter machen will. Er sorgt dafür, dass es reicht. Mit so einem Gottvertrauen geht’s einfach leichter voran!

Als ich in den Pfingstferien auf dem Jakobsweg unterwegs war, habe ich da meine Erfahrungen gemacht. Ganz wichtig für mich:  Wo wenig ist, bleibt noch viel Platz, um etwas zu empfangen. Man wird sozusagen „empfänglich“.  Gastfreundschaft habe ich z.B. empfangen. Wie war das nett, wenn unsere Gastgeber nachmittags gesagt haben: kommt, gebt uns eure verschwitzten Sachen, wir haben eine Waschmaschine und einen Trockner, das ist bis morgen früh alles wieder fertig.

Hilfsbereitschaft habe ich empfangen. Du hast zu wenig zum Vespern besorgt: Hier, nimm was von meinem Baguette. Magst du auch ein Stück Käse? Ein Schlückchen Wein hätte ich auch noch dazu.

Manchmal habe ich auch ein Paar Schuhe oder den Anorak von anderen Leuten bei mir in der Rucksack gesteckt, weil da ja noch Platz drin war. Hat mich richtig gefreut, dass ich mich auch mal nützlich machen konnte, obwohl ich ja gar nicht zu den ganz Fitten aus der Gruppe gehört habe.

Ja, wer mit leichtem Gepäck unterwegs ist, der bleibt empfänglich. Ich glaube, auch deswegen fällt die Packliste so knapp aus, die Jesus seinen Freunden mit auf den Weg gegeben hat: Hemd, Schuhe, Wanderstab, keine Tasche und kein Geld im Sack. So sollen sie sich auf den Weg machen und auf die Menschen zugehen, erzählt die Bibel.

Empfänglich werden. Zuhören, ohne schon fertig Antworten zu haben. Sag du. Was brauchst du? Wie geht’s dir?
Bitte sagen können. Auch so eine Sache, die ich jedenfalls immer wieder lernen muss. Am liebsten möchte ich nämlich alleine zurecht kommen und selbständig sein. Manchmal bin ich auch ein bisschen zu stolz, um Schwäche zu zeigen. Aber es tut mir dann doch gut, wenn mir jemand was abnimmt.

Ich denke an meine Tante, die immer recht gelassen sagen konnte: „Ach weißt du, man nimmt ja nichts mit.“ Sie hat verstanden, was Gnade ist. Gnade, das ist das Gespür dafür, dass du eigentlich gar nichts in der Hand hast. Du hast deine Gesundheit nicht in der Hand, du kannst deine Familie und deine Freunde nicht ewig an dich binden. Du selbst bist nicht ewig. Aber du wirst beschenkt. Immer wieder. Mit Lebensfreude. Mit freundlichen Menschen. Mit guten Erfahrungen.  Das ist Gnade, glaube ich. Das ist Gottes Gnade: unverdient, unerwartet und so, dass es dir richtig gut tut.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag heute. Kommen Sie unbeschwert durch die neue Woche  - und bleiben Sie behütet!

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