Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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05JUL2019
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Bald, Ende Juli ist es auch bei uns wieder soweit. Die lang ersehnten und wohlverdienten Sommerferien. Und mit der großen sommerlichen Auszeit bewegen sich wieder Millionen Urlaubs-Migranten Richtung Süden. Ja, ich habe das bewusst so gesagt: Urlaubs-Migranten. Also Menschen, die ihre Heimat verlassen, um in einem fremden Land das zu finden, was ihnen zu Hause fehlt. Ich weiß, der Vergleich hinkt. Denn im Gegensatz zu den Migranten, die Zuflucht bei uns suchen, kehren die Urlaubs-Migranten wieder in ihre Heimat zurück. Trotzdem: Bei beiden Arten von Migranten geht es um existentielle Bedürfnisse. Bei den einen um Abstand von Alltag und Arbeit, um Erholung an Leib und Seele. Und bei den anderen um das nackte Überleben oder den Wunsch nach einem ähnlich guten Leben wie wir es haben. Migration, Wanderbewegungen von Einzelnen oder von Volksgruppen gibt es seit es die Menschheit gibt. Oft, zu oft kriegerisch, immer aber auch friedlich. Und seit es die Menschheit gibt, gibt es zwei Reaktionsweisen darauf: ängstlich und abwehrend oder offen und einladend. Nicht wenige von denen, die in Deutschland abwehrend reagieren, haben Angst vor Überfremdung, fürchten den Verlust an abendländischer, europäischer oder deutscher Identität. Aber was ist diese denn? Welche Werte gelten denn bei uns? Kaufen und Verkaufen, Wirtschaftswachstum, Geld und Gewinnmaximierung? Ja, sicher, auch. Aber die Werte, die Europa und Deutschland in ihrem Wesenskern ausmachen, sind fremdenfreundlich. Sehen den Fremden als unseresgleichen, denn unsere Geschichte ist auch eine Geschichte der Migration. Nicht nur durch Kriege. Schon ein kurzer Blick in die Bibel, in das Buch, das unsere Kultur geprägt hat wie kein anderes, genügt: Abraham und Sara machen sich auf ins Land Kanaan (wo Milch und Honig fließen), das Volk Israel zieht aus Ägypten durch die Wüste ins gelobte Land, Josef und Maria flüchten vor dem Kindermord des Herodes und Jesus selbst war ein heimatloser Wanderprediger. Und ohne die Migration von Maria Magdalena, Petrus, Paulus oder Jakobus hätte sich das Christentum nicht in Europa ausgebreitet. Von ihnen allen lernen wir, dass menschliches Leben, Zusammenleben, immer geprägt ist von Not und Hoffnung, von Wagnis und Aufbruch. Dass kein Zaun, keine Mauer und kein Meer den Drang nach einem guten Leben in Freiheit aufhalten kann. Und es einfach nur menschlich ist und der Wille Gottes, denen zu helfen, die sich nach dem sehnen, was wir schon lange haben…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28936
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