Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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26JUN2019
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Unerhört! steht in großen Buchstaben auf lila Plakaten. Unerhört – mit Ausrufezeichen. So, wie man sich manchmal ärgert und schimpft: Ist doch unerhört! Was die sich leisten! Muss ich mir das gefallen lassen?

Unerhört! Kleiner steht darunter: diese Ausländer! Oder: diese Obdachlosen! Manchmal auch: diese Alten. Sind zu nichts nütze und stehen bloß im Weg herum… habe ich gleich im Ohr. Oder: Was machen die für einen Eindruck hier im Park. Man traut sich da kaum noch hin. Ist doch unerhört!

Erst beim zweiten Blick habe ich weiter unten auf dem Plakat noch ein Wort gesehen: den Hashtag #zuhören. Da habe ich begriffen: Die Unerhörten – das sind Leute, die Hilfe brauchen, aber keiner hört ihnen zu. Im Gegenteil. Man versucht, sie ruhig zu halten, damit sie nicht lästig werden.

Unerhört. So ist es zur Zeit, als Jesus unterwegs war, dem Blinden Bartimäus gegangen. Den haben sie damals an den Straßenrand gesetzt, damit er für seinen Lebensunterhalt betteln konnte. Soziale Einrichtungen z.B. für Behinderte gab es ja noch nicht. Da saß er also, hat die Hand aufgehalten, und wenn er ein paar Münzen gespürt hat, dann hat er dankbar mit dem Kopf genickt. Vielleicht undeutlich irgendwas gemurmelt. Es hat ihm ja sowieso keiner zugehört. Die anderen waren froh, dass er ruhig war und man keine Scherereien mit ihm hatte.

Aber an einem Tag war es anders. Bartimäus hat gehört, dass Jesus in der Stadt war, ganz in seiner Nähe. Da fängt er an zu schreien: Hilf mir doch, Jesus. Und Jesus sagt nicht – was will der denn? Er hat doch, was er braucht. Solche Menschen können halt keine Ansprüche stellen. Nein: Jesus ruft ihn her und fragt ihn: Was willst Du? Was brauchst Du? Und er erfährt: Der Mann will sehen können. Nicht mehr betteln müssen. Sich selber versorgen können.

Jesus hat ihm zugehört. Und die Bibel erzählt: Jesus macht ihn gesund. Der Blinde konnte sehen.
Das kann nun nicht jeder wie Jesus – Blinde sehend machen. Aber: Zuhören, das kann ich. Hören, was der andere wirklich will und braucht. Vielleicht findet sich dann ein Arbeitsplatz für den Blinden. Ein Arzt, der nichts kostet für den Obdachlosen. Ein geduldiger Ausbilder für den Ausländer, der noch nicht so gut deutsch kann.

Unerhört! Ist eine Kampagne der Diakonie. Das sind Leute, die von Jesus gelernt haben, zuzuhören. Damit die Bedürftigen kriegen, was sie brauchen. Damit niemand unerhört bleiben muss.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28893
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