Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

18JUN2019
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Schon vor Stunden sind sie aus ihren Kojen gekrochen, haben sich schnell eine Tasse Kaffee aufgebrüht und sich dann auf den Bock geschwungen: Die Brummifahrer. Nun quälen sie sich mit ihren schweren Trucks in langen Kolonnen über die Straßen. Ein neuer Kampftag hat begonnen: Der Kampf gegen den Uhrzeiger im viel zu knappen Zeitfenster. Kilometerlange Staus oder Baustellen sind darin nicht vorgesehen. Tempolimits auch nicht! Das bedeutet, stets die Tachonadel im Augenwinkel zu behalten, denn die Blitzer kennen kein Pardon. Manchen Fahrern sitzen die Disponenten im Genick. Die verfolgen ihre Trucks per GPS auf Schritt und Tritt und mahnen, endlich einen Zahn zuzulegen. Denn die Ladung muss pünktlich, „just in time“, angeliefert werden.

Im Cockpit sitzt eine ungebetene Begleiterin, die Angst. Angst, den Vorgaben nicht zu genügen, im Verkehr straffällig zu werden, den Führerschein zu verlieren oder gar einen Unfall zu verursachen. Kaum ein Tag, an dem es nicht irgendwo kracht und Tote und Verletzte zu beklagen sind. Oft sind Übermüdung oder der gefürchtete  Sekundenschlaf die Ursachen.

An den Abenden ist die Hölle los. Es fehlt überall an Stellplätzen für die Nacht. Einfach weiterfahren? Geht nicht, weil die Lenkzeit überschritten ist. Parken in einsamen Industriegebieten? Eigentlich verboten.

Am Sonntag hängen die Fahrer auf öden Park- oder Rastplätzen herum und schlagen die Zeit tot. Die hygienischen Bedingungen - manchmal verheerend. Die Fahrer im Fernverkehr sind die Nomaden von heute. Viele sehen ihre Familien oft nur noch über Skype oder WhatsApp.

Wenn wir von der Betriebsseelsorge immer mal wieder das Gespräch mit den Fahrern suchen, ist die Überraschung groß. Dankbar nehmen manche unsere Fernfahrer-Bibel als Buch oder CD entgegen, oder auch das kleine, schlichte Holzkreuz, das dann am Rückspiegel baumelt. Gerne würden wir bundesweit eine spezialisierte Fahrer-Seelsorge aufbauen, könnten wir nur die Bischöfe davon überzeugen!

Den Fahrerinnen und Fahrern, die heute wieder unter diesen Bedingungen für uns unterwegs sind, rufen wir Betriebsseelsorger zu: Wir denken an Euch! „Gute Fahrt“. Und: „Bleibt behütet und bewahrt!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28866
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