Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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04JUN2019
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Ich bin geimpft. Gegen alles, was man sich denken kann: Masern, Mumps, Röteln, Diphterie, Tetanus, Zecken. Von den Pockenimpfungen habe ich noch die Narben an meinem Arm. 1964, als ich geboren wurde, gab’s darüber keine Diskussion. Es war einfach selbstverständlich. Und Eltern waren froh, dass es diese wirksamen Mittel gab, damit ihre Kinder geschützt sind. Anders als das noch wenige Jahrzehnte davor war.

Warum haben bestimmte Eltern heute Schwierigkeiten damit? Ich musste mich tatsächlich erst schlau machen, weshalb manche sich so vehement dagegen wehren. Weil das für mich außer Frage stehe würde, wenn ich eigene Kinder hätte. Manche der Impfgegner sagen: Ich möchte das eben selbst entscheiden; das kann mir doch keiner aufzwingen; wir leben in einem freien Land. Andere stehen der Schulmedizin kritisch gegenüber; sie wollen nur natürliche Arzneimittel akzeptieren. Oder scheuen das Risiko, das Impfreaktionen manchmal mit sich bringen. Und etliche wissen einfach nicht richtig Bescheid, kennen die großen Gefahren nicht, die sie in Kauf nehmen, wenn ihr Kind sich ansteckt. Vor allem aber übersehen die Impfgegner eines, oder nehmen es zumindest billigend in Kauf: Es geht nicht nur um sie und ihre Familie. Sich nicht impfen zu lassen, bedeutet ein Risiko für andere. Ihr Einstellung kündigt einen Teil unserer sozialen Vereinbarung auf: dass wir nämlich andere nicht ohne Grund einer Gefahr aussetzen. Dass vielmehr jeder seinen Teil dazu beiträgt, dass es allen möglichst gut geht. Ich halte das in letzter Konsequenz für egoistisch, so zu denken: „Ich habe meine Prinzipien, und was andere denken, ist mir egal.“ So funktioniert gesellschaftliches Zusammenleben nicht. Was ist denn so ein kleiner Stich, so eine zugegebenermaßen künstliche Aktivierung der Abwehrkräfte gegen die Gefahr einer lebensbedrohlichen Krankheit. Gar einer Epidemie?

Ich weiß: Da gibt es ein Grundrecht auf Unversehrtheit der Person. Die Gegner der Impfpflicht nehmen es für sich in Anspruch. Mit dem gleichen Recht aber auch alle anderen, die dadurch in Gefahr kommen könnten. Und in der Summe wiegt das für mich schwerer, weil es da um die Gemeinschaft geht und nicht um das individuelle Recht von einzelnen.

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