SWR1 3vor8

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Ich finde Gott draußen in der Natur – ich brauche dazu keine Kirche. Das sagen viele und gehen gerade an Himmelfahrt hinaus in Wald und Wiesen. Manchen geht dann wirklich unterwegs das Herz auf und sie werden ganz andächtig – jedenfalls wenn die Sonne strahlt und das junge Grün den Augen gut tut.

Andere sagen: Als mein Kind geboren wurde - solche Freude und was für ein wunderbares Kind – da habe ich Gott gespürt. Und wieder andere reden von der Liebe. Da wo ich liebe, da spüre ich Gott. Heißt es nicht: Gott ist die Liebe?

Das Problem dabei: Was ist, wenn die Liebe zerbricht? Was, wenn das wunderbare Kind nicht nur Anlass zur Freude gibt. Ist Gott dann nicht da? Und wie finden die Gott in der Natur, die ihr trotz Hitze und Dürre oder Kälte und Regen eine Ernte abtrotzen müssen?

Gott auf der Erde zu begegnen, das funktioniert anscheinend nur an guten Tagen. Das wusste wohl schon der weise König Salomo. Von dem erzählt die Bibel, dass er ein Gotteshaus gebaut hat. Und sich doch fragt: „Sollte Gott wirklich auf Erden wohnen?“ (1. Kön 8,27) In den evangelischen Gottesdiensten wird heute diese Frage aufgegriffen.

Sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Ja, wirklich, ist meine Antwort. Er wohnt auf Erden – aber eben nicht nur da, wo es schön ist. Sondern überall, wo Menschen von ihren Erfahrungen mit Gott erzählen. Da kann man Gott begegnen: in guten und in bösen Zeiten.

Die Bibel erzählt solche Geschichten: Geschichten vom Leben und von der Hoffnung. Da wird erzählt, wie Gott die Augen der Blinden auftut und den Stummen Sprache geben kann. Und es heißt, dass er sich nicht abfindet, wenn etwas verdorrt und vertrocknet ist: die Wüsten werden wieder blühen und deshalb müssen wir uns auch nicht einfach abfinden. Das gibt mir Zuversicht. So kann ich tapfer handeln. Dass Gott gerade auch die liebt, die das nicht spüren und das auch gar nicht glauben können. Das wird in der Bibel erzählt. Und Christen sagen das weiter. Im Gottesdienst zum Beispiel, sonntags in der Kirche. Und manchmal auch ganz nebenbei, mitten im Alltag: Da erzählt mir jemand, wie es ihm gegangen ist und wie es für ihn wieder gut geworden ist. Wie Gott es wieder gut gemacht hat. Oder doch geholfen hat, dass er tragen konnten, was ihm geschehen ist. Dann kann auch ich wieder Vertrauen fassen.

Das kann sich keiner selber sagen, dem es nicht gut geht. Das muss einem gesagt werden. Ich glaube, Christen können solche Geschichten erzählen. Nicht nur am Sonntag in der Kirche. Aber da auch.  Deshalb, glaube ich, kommen in Notzeiten und bei Katastrophen die Menschen in die Kirche – und gehen eben nicht in den Wald. Da sagt einem das nämlich keiner, was wieder Mut macht und Hoffnung gibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28746
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