Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

28MAI2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Klatsch und Tratsch wird künftig bestraft. So will es der Bürgermeister einer philippinischen Stadt. Wer dort Gerüchte über seine Mitmenschen verbreitet und herumtratscht, wird zur Kasse gebeten. Beim ersten Mal kostet es umgerechnet 3,50 Euro. Und man muss einige Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Wenn man dann nochmal erwischt wird, wird es teuer.

Im Neuen Testament lese ich, wie es anders gehen kann. „Redet, was gut ist, was aufbaut und was notwendig ist, damit es Segen bringe denen, die es hören.“ Also nicht nur nichts Schlechtes verbreiten, sondern Gutes verbreiten. Etwas, was anderen weiterhilft. Und dazwischen gehen, wenn ein einzelner oder eine ganze Gruppe Opfer von Klatsch und Tratsch wird. Nachfragen: Woher weißt du das? Bist du sicher, dass das stimmt, was du verbreitest? Oder erzählst du einfach nur weiter, was du irgendwo aufgeschnappt hast?

Der Bürgermeister auf den Philippinen will das seinen Leuten einschärfen. Sie sollen aufmerksam werden: Was erzähle ich eigentlich herum? Stimmt das, was ich über meinen Nachbarn oder die Kollegin verbreite? Es ist ja so einfach, über andere abzulästern. Ein Schwätzchen am Gartenzaun, ein paar Klicks bei Facebook, ein paar Andeutungen in der Kaffeepause. Und schon macht es die Runde. „Hast Du schon gehört?“

Vor Jahren habe ich eine Geschichte gehört, an die ich seither oft gedacht habe. Ein Mann verbreitet Klatsch und Tratsch über seinen Nachbarn. Fake News, würde man heute sagen. Irgendwann tut es ihm leid und er entschuldigt sich. Der andere nimmt ihn mit auf den Kirchturm. Dort schüttelt er ein Federkissen aus. Die Federn fliegen in alle Richtungen davon. „Sammel sie ein“, fordert er den Nachbarn auf, der über ihn hergezogen hatte. Der schüttelt ratlos den Kopf. „Genauso wenig kannst du die schlechten Worte einfangen, die du über mich verbreitet hast!“

Die Geschichte mahnt mich: Denk darüber nach, was deine Worte anrichten können. Es ist gut, wenn einem hinterher etwas leid tut; aber dem, über den man schlecht geredet hat, hilft es wenig. Ich kann die Worte nicht wieder einfangen, sie nicht rückgängig machen.

Nicht über einen anderen herziehen: Das ist schonmal ein guter Anfang. Aber es braucht mehr: „Reden, was gut ist“. Ich bin sicher: Auch heute werde ich dazu reichlich Gelegenheit haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28740
weiterlesen...