SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

26MAI2019
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Wieviel Zeit braucht man, um die Welt ein bisschen besser zu machen? Die Antwort ist gar nicht so einfach: eine Sekunde? Oder ein ganzes Leben? Wahrscheinlich stimmt beides. Es kommt drauf an, was man in dieser Zeit tut, was man mit der Zeit anfängt. Ganze 72 Stunden – drei Tage – haben sich junge Menschen aus katholischen Jugendverbänden und darüber hinaus gerade Zeit genommen. Seit Donnerstag, 17:07 Uhr. Und bis heute Nachmittag, genau um 17:07 Uhr. Dann endet die so genannte „72-Stunden-Aktion“ des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend – kurz BDKJ. Auf die Minute 72 Stunden nachdem sie begonnen hat: Die 72-Stunden Aktion: das ist die größte Sozialaktion Deutschlands: Bundesweit engagieren sich rund 80.000 junge Menschen – auch bei uns im Sendegebiet: von Köln bis Konstanz, von Freiburg bis Frankfurt von Aalen bis Trier setzen sich junge Engagierte aus katholischen Jugendverbänden und vielen weiteren Gruppen für Mitmenschen, für die Umwelt, für Solidarität und Gerechtigkeit, für Bildung und für ihr unmittelbares Zuhause ein. Es geht darum, in 72 Stunden ein konkretes soziales Projekt umzusetzen: Zum Beispiel ein Insektenhotel bauen, den Spielplatz ausbessern, ein Unterhaltungsprogramm für das Seniorenheim veranstalten. Auch die Europawahlen sind Thema: Demokratiebänke laden zum Austausch über das, was jungen Menschen in Europa wichtig ist ein. Es geht um Projekte zu Themen wie Ökologie, Inklusion, Integration, Demokratie oder das Zusammenleben der Generationen. „Die jungen Leute möchten mit ihrem Engagement die Welt ein Stück besser machen, indem sie sich für andere einsetzen, sich mit politischen Themen auseinandersetzen und gemeinsam etwas Großes schaffen“, sagt etwa die Trierer Bistumsvorsitzende der Katholischen Jugend, Susanne Kiefer. Von wegen unpolitisch. Von wegen „nichts mehr los“ mit „der Jugend von heute“: Ganz im Gegenteil. 80.000 junge Menschen in ganz Deutschland machen die Welt gerade ein bisschen besser. Das Leitwort dabei: „Uns schickt der Himmel“. Nicht umsonst ist die Idee zur 72-Stunden-Aktion auf kirchlichem Boden entstanden: Für Christen gehört Gottes- und Nächstenliebe über die Grenzen von Nationen und Religionen hinweg untrennbar zusammen. Nicht frommes Reden allein – konkrete Taten zeigen, wie der Glaube lebendig wird. Bei Jesus ging es auch nicht nur um fromme Reden. Er hat angepackt und vorgelebt, was er verkündet hat. Das nehmen sich die jungen Leute zum Vorbild. Statt zu lamentieren, machen sie's einfach: Ganz wörtlich nach dem Motto: „Ich glaub' – da geht was!“ 

Teil 2

Heute geht es in den Sonntagsgedanken um die 72 Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend: die größte Sozialaktion in Deutschland von Jugendlichen für Jugendliche.

In 72 Stunden organisieren also junge Menschen ein Projekt: beleben einen Fischteich, renovieren einen Jugendraum, organisieren ein Konzert für andere, besuchen Alte und Kranke: 72 Stunden geschenkte Zeit. Die 72-Stunden-Aktion bedeutet: sich voll und ganz einzubringen, an Grenzen zu gehen, sich selbst, seine Zeit und Energie in den Dienst für andere zu stellen. Kinder und Jugendliche übernehmen Verantwortung und zeigen, dass sie in der Gesellschaft mitmischen. Ein christliches Zeugnis gegen Sozialneid und für Solidarität – so aktuell und so wichtig, gerade heute! Und auch über die Grenzen Deutschlands und Europas hinweg macht die Aktion mobil. Denn es gibt auch über 30 Gruppen in 13 anderen Ländern die dabei mitmachen: von Bosnien bis Bolivien. Von Pakistan bis Peru, von Rumänien bis Südafrika: Grenzüberschreitend. So geht Weltkirche.

72 Stunden im Einsatz zu sein, bedeutet nach biblischem Vorbild, immer hilfsbereit zu sein, wo Menschen Solidarität brauchen. Die Zahl 72 steht für die Fülle: Im Buch Genesis in der Bibel wird von 72 Stämmen als Urvölker der Erde gesprochen. Jesus sendet nach dem Bericht des Lukas-Evangeliums 72 Jünger aus, bis an die Enden der Erde, das heißt überall hin. Die Zahl 72 steht für die umfassende Vollkommenheit, für Ausdauer und Kontinuität. Und dazu sind 72 Stunden genau drei Tage. Jesus ist drei Tage nach seinem Tod auferstanden, berichtet die Bibel. Drei Tage von Karfreitag bis Ostern. In 72 Stunden kann die Welt sich grundlegend verändern.

So ist es kein Zufall, dass die Aktion „72 Stunden-Aktion“ heißt: Das bedeutet nämlich auch, es geht weiter und es gibt neue Perspektiven, auch wenn die Uhr heute Abend abgelaufen ist. Der Einsatz für den Nächsten kann nicht begrenzt und folgenlos bleiben. Die gute Tat, die Solidarität mit Bedürftigen, so ein Lebens- und Glaubenszeugnis der Christen in der Welt bleibt gefordert und gefragt. Wie lange braucht man also, um die Welt ein bisschen besser zu machen? 72 Stunden? Eine Sekunde – oder doch ein ganzes Leben? Es kommt drauf an, was man mit der Zeit anfängt. Daher – finde ich – haben alle ein Riesen-Kompliment verdient: die Jugendlichen und die erwachsenen Helferinnen und Helfer, die Sponsoren und Paten, die in diesen drei Tagen im Einsatz für die gute Sache sind! Euch schickt wirklich der Himmel!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28718
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