Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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07MAI2019
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Ich unterrichte Religion in einer Klasse mit jungen Erwachsenen. Sie machen innerhalb von zwei Jahren die Ausbildung zum Altenpflegehelfer. Die Frauen und Männer sind Flüchtlinge aus der ganzen Welt. Sie müssen zunächst einmal Deutsch lernen. Ganz verschiedene Kulturen, Ethnien und Religionen treffen hier aufeinander. Den Schülern fällt auf: Wenn’s um Glaubensdinge geht, werden immer die Unterschiede betont. Ich versuche ihnen zu erklären: das hat mit der Kultur und der Geschichte zu tun. Und - wir haben Gemeinsamkeiten erarbeitet, zum Beispiel dass alle gläubigen Menschen beten. Mit Worten oder in Meditationen. Mehr oder weniger häufig, mehr oder weniger regelmäßig. Zu bestimmten Anlässen, allein für sich oder in der Gruppe.

Der Betende nimmt dabei Kontakt mit Gott auf. Er begrüßt ihn und sagt zu Beginn seines Gebets. „Lieber Gott“, „Vater unser“ oder „Allmächtiger“ oder „Allah ist groß“ oder benutzt sonst in seiner Kultur übliche Formeln wie „Ich grüße Dich und verneige mich vor Dir, Du Schöpfer allen Seins“. Der Betende, egal in welcher Religion, lobt und preist Gott, dankt ihm für alles, was er Gutes erfahren hat. Aber beten heißt auch bitten, vor allem dann, wenn man sich gerade in einer schwierigen Situation befindet. Bitten um Gesundheit, das tägliche Brot oder was man sonst so als einzelner Mensch zum Leben alles braucht. In gesellschaftlich schwierigen Situationen flehen Menschen um Gerechtigkeit und Frieden.

Sich nicht vom Bösen beeinflussen zu lassen, Fehler verzeihen und sich mit anderen immer wieder zu versöhnen. All das findet sich fast gleichlautend in allen Gebeten egal in welcher Religion. Die Schüler haben deshalb ein „universelles Gebet“ in einfacher deutscher Sprache erarbeitet, das wir jetzt immer zu Beginn der Schulstunde gemeinsam beten. Es sind Christen, katholische, orthodoxe und reformierte, mehr oder weniger streng gläubige Muslime, Sunniten und Schiiten, Buddhisten und Gläubige aus Natur- und Stammesreligionen.

Und das hört sich dann so an: „Hallo Gott, Sinn des Lebens. Wir danken für das Leben. Danke für alles. Wir bitten um Hilfe bei Problemen. Wir bitten um Nahrung für Körper, Geist und Seele. Wir wünschen Frieden, Freiheit und Wohlergehen für alle. Wir bitten um Entschuldigung für falsches Verhalten, Denken und Sagen. Wir sagen Nein zum Bösen. Amen“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28588
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