Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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03MAI2019
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Wer keinen Rat weiß, fragt nach Weisheit. Weisheit ist Gottes Instrument, die Welt zu ordnen. Als größte christliche Kirche der Welt wurde deshalb im 6. Jahrhundert die Hagia Sophia in Istanbul gebaut. Ihr Name „Hagia Sophia“, Heilige Weisheit, war Programm. Der Kaiser des byzantinischen Reiches wollte seine Macht zeigen und zugleich das Prinzip seiner Herrschaft über die christliche Welt klar machen. Natürlich war das ein Idealbild und in der Realität war auch Justinian ein machtbewusster Potentat. Aber anscheinend war er sich doch bewusst: Gottes heilige Weisheit gibt der Welt Ordnung und Bestand. Sie war dabei, als Gott die Welt geschaffen hat. Sie ist auch die Richtschnur der Regierungskunst oder sollte es jedenfalls sein, denn gut leben kann nur, wer weise ist. In der Einleitung zum Buch der Sprüche in der Bibel (Kap 1-9) stellt  sich die Weisheit selbst vor. „Wer mich findet, der findet das Leben und erlangt Wohlgefallen vom Herrn“ (Spr 8, 35)

Wie wird das Zusammenleben gut, das ist die Leitfrage in diesem weisen Buch der Sprüche. (Zugegeben, gerade die rigorosen Ratschläge zur Kindererziehung kommen aus der Pädagogik längst vergangener Zeiten.) Aber das Grundthema in allem bleibt doch: Wie erhalten und bewahren wir die gute Schöpfung Gottes. Und dazu werden in diesem Weisheitsbuch immer wieder Recht und Gerechtigkeit hervorgehoben und die Fürsorge für die Armen und Benachteiligten. Feindesliebe wird empfohlen und der Verzicht auf Rache. Geduld wird angeraten, ein Geduldiger sei besser als ein Starker.

Jahrhunderte später verweist der Apostel Paulus auf Jesus Christus. Das ist Gottes Kraft und Gottes Weisheit, schreibt er. An Jesus sollen sich die orientieren, die weise sein wollen. Was er gelehrt hat, steht dem entgegen, was die meisten Menschen für weise halten. Denn weise scheint ja vielen, erst einmal für die eigenen Interessen zu sorgen: ‚Ich zuerst und wir können uns doch nicht um das Elend der ganzen Welt kümmern. Und warum sollen wir weniger Auto fahren, wenn unser Land doch von der Autoindustrie lebt‘.

Paulus schreibt dagegen: Wo Menschen für andere da sind und leben, wenn nötig auch für andere zurückstecken und verzichten, da kann das Leben gelingen. An Jesus Christus kann man das sehen. Er hat für andere gelebt. Das ist weise. Denn so bleibt unsere Welt Gottes gute Schöpfung. Da können alle an einem Tisch sitzen, wie Jesus es beschrieben hat. So zu leben, wie er es vorgelebt hat – das ist die Weisheit Gottes für unsere Welt. Vielleicht müssen wir dazu Gewohnheiten ändern. Aber wahrscheinlich wäre das weise. Und es gefällt Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28558
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