Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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01MAI2019
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Arbeit zu haben ist ein Menschenrecht. Genauso wie Urlaub, Erholung und Freizeit. Das steht in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Artikel 23 und 24.
Das Recht auf Arbeit ist allerdings keines, das man in Deutschland bei Gericht einklagen kann. Es ist ein Programmsatz. Es verpflichtet die Politik, darauf hinzuarbeiten, dass möglichst viele Menschen Arbeit finden.

Das ist wichtig, damit sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Aber Arbeit ist mehr. „Es ist wichtig, eine Aufgabe zu haben“, das sagen ja viele. Eine Aufgabe zu haben macht einen stolz. In der Schöpfungsgeschichte in der Bibel heißt es, die Menschen sollen die Erde „bebauen und bewahren“. Das ist die Aufgabe, die Gott seinen Geschöpfen gegeben hat. Egal ob einer als Gärtner pflanzt oder Wasserhähne abdichtet, als Vater seine Kinder erzieht, ob eine als Lehrerin arbeitet oder jemand als Landwirt oder Koch für gesunde Nahrungsmittel sorgt.

Bebauen und bewahren – diese Aufgabe ist manchmal auch schweißtreibend. Das verschweigt die Schöpfungsgeschichte nicht. Wir leben nicht im Paradies und deshalb ist Arbeit oft auch anstrengend.

Inzwischen aber übernehmen immer öfter Maschinen und künstliche Intelligenz die Arbeit. Und das ist ja eigentlich gut so. Um eine Baugrube auszuheben braucht man wahrscheinlich Monate, wenn man es mit den Händen versuchen würde. Mit der Schaufel braucht man Tage dazu. Ein Bagger macht das ratzfatz an einem Vormittag.  

Fangen nun also für uns Menschen paradiesische Zeiten an, ohne Schweiß auf der Stirn und Schwielen an den Händen? Nein, sagen viele. Die Arbeit geht uns aus, heißt es. Und viele bekommen Angst vor Arbeitslosigkeit und Armut.

Ich glaube, dass man diese digitale Entwicklung nicht aufhalten kann. Es wird so kommen. Und es ist ja auch gut so. Wenn man sich Schweiß und Schwielen ersparen kann – was für ein Fortschritt! Bloß: Die Politik muss Wege finden, wie die Menschen trotzdem auskömmlich leben können, auch wenn es nicht mehr genug Arbeit gibt. Ideen gibt es ja: Vielleicht ein Grundeinkommen für alle. Ich bin keine Wirtschaftsexpertin. Aber die Idee einer Maschinensteuer leuchtet mir ein, um das Grundeinkommen zu finanzieren. Oder eine sogenannte Wertschöpfungssteuer. Davon könnten dann alle ein Einkommen bekommen, von dem sie leben können.

Und wir hätten Zeit und Gelegenheit, die Erde zu „bebauen und zu bewahren“. Wir könnten uns um die Familie kümmern, um pflegebedürftige Angehörige, wir könnten Bienen züchten, Sport treiben oder Bilder malen. Ein bisschen wie im Paradies.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28556
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