Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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29APR2019
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Thomas hat Angst vor fake news. Nein, ich meine nicht meinen Kollegen, der Thomas heißt, auch nicht die 49 Thomasse, die anscheinend in deutschen DAX-Vorständen sitzen. Die haben vielleicht auch Angst vor fake news; eigentlich sollten wir die ja alle haben. Man kann inzwischen alles fälschen und manipulieren: Nachrichten, Fotos, Abgaswerte, Forschungsergebnisse. Da werden nicht nur die misstrauisch, die Thomas heißen.

Ich will jetzt aber von einem anderen Thomas reden. Von ihm erzählt die Bibel. Er hatte auch Angst vor fake news. Auch er konnte und wollte nicht alles glauben, was sie ihm erzählt haben. Aber irgendwie war es doch anders bei ihm.

Dieser Thomas nämlich hat auch seinen Freunden misstraut, die wie er Jünger von Jesus gewesen waren. Die hatten ihm erzählt: Jesus ist auferstanden. Jesus lebt. Wir haben ihn gesehen und mit ihm gesprochen. Aber Thomas hat Angst vor fake news. Jetzt misstraut er sogar seinen Freunden. Das, scheint mir, ist heute anders. Heute glauben die meisten nur noch ihren Freunden. Den Gleichgesinnten, die so denken wie sie selber. Und ich verstehe das. Wenn so vieles manipuliert wird - irgendwem muss ich schließlich glauben. Also glaube ich denen, die schon immer genauso gedacht und geredet und geglaubt haben wie ich. Manchmal auch unbesehen, wie man so schön sagt. Das hat Thomas nicht gemacht. ‚Das kann doch nicht sein‘, hat er gesagt. ‚Tote stehen nicht wieder auf. Typischer Fall von Verschwörungstheorie‘.

Aber bei diesem gesunden Misstrauen ist Thomas nicht stehen geblieben. Er hat sich gefragt, wie er sich Klarheit verschaffen kann. Und hatte eine Idee: Ich will es selber sehen. Ihn anfassen. Nur dann kann ich das glauben. Er wollte also eigene Erfahrungen machen. Nicht bloß glauben, was andere ihm erzählt haben.

Und ein paar Tage später kommt Jesus, der Auferstandene und lässt sich von Thomas sehen. Und lässt sich berühren. Jetzt weiß Thomas selber, woran er ist.

Ich finde diese Geschichte unglaublich, die die Bibel erzählt. Ich kann mir das nicht richtig vorstellen. Aber ich begreife: Es ist jedenfalls gut, Fragen zu stellen. Im Zweifelsfall auch den eigenen Freunden und Gesinnungsgenossen. Es ist wichtig, nach eigenen Erfahrungen zu suchen. Das ist nicht immer möglich. Forschungsergebnisse, Fotos – nicht alles kann ich selber überprüfen. Aber ich kann schauen, ob es zweite Meinungen gibt. Wie beim Arzt. Und mir dann selber ein Bild machen. So wie Thomas. Der hatte Zweifel an der Auferstehung. Und am Ende eigene Erfahrungen damit. Gut, dass er nachgefragt hat.

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