SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

„Es ist vollbracht!“ Das Johannesevangelium in der Bibel erzählt: Dies waren die letzten Worte Jesu, als er am Kreuz starb. Hingerichtet von den römischen Besatzern, denunziert von jüdischen Religionsführern, verraten und im Stich gelassen von eigenen Anhängern. Da stöhnt er: „Es ist vollbracht!“ - und stirbt.

„Es ist vollbracht – auf Griechisch steht da in der Bibel tetelestai. Das kann man übersetzen: es ist vollendet. Es ist erfüllt. Oder eben: Es ist vollbracht. Dreimal kommt das in dem Bericht von Jesu Kreuzigung im Johannesevangelium vor. Wer das hört oder liest soll verstehen: Als Jesus gestorben ist, hat er sein Lebenswerk vollendet. Für den Evangelisten Johannes ist Jesus am Kreuz nicht kläglich gescheitert. Er hat vollbracht, was seine Aufgabe war. Für die Menschen. Für die Liebe. Für Gott, der ihn beauftragt hat. Bis zuletzt hat Jesus daran festgehalten, für andere zu leben. Er hat Menschen gesund gemacht, von denen andere gesagt haben: Das hat doch keinen Sinn. Er hat ihnen von einer guten Zukunft erzählt und ihnen Hoffnung gemacht, wenn andere gesagt haben: Die gute Zukunft, die habt ihr gar nicht verdient!

Jesus hat daran festgehalten gegen alle Widerstände. Am Ende haben sie ihn verhaftet, gefoltert und hingerichtet, weil er gesagt hat: Gott vergibt sogar den Gottlosen. Gott will Frieden mit jedem Feind. Gott liebt auch die, die sonst keiner liebenswert findet. Und Johannes, der Evangelist, hat das später für seine Leuten aufgeschrieben, um ganz klar zu machen: Jesus hatte das Heft in der Hand, bis zuletzt. Auch wenn es gar nicht danach ausgesehen hat. Er hat seine Aufgabe erfüllt.

Es gibt in der Bibel noch drei andere Evangelien. Die berichten auch von Jesu Tod. Die erzählen es anders. Matthäus und Markus sagen, er habe geschrien: „Gott, warum hast du mich verlassen!“ (Mt 27,46) und Lukas erzählt, er starb mit einem Gebet auf den Lippen (Lk 23, 46). Man könnte also fragen: Wie war es denn nun wirklich? Aber das kann keiner wissen. Klar war nur: Die Römer haben Jesus hingerichtet. Keiner von den Evangelisten war dabei. Das Johannesevangelium zum Beispiel ist erst ungefähr 70 Jahre später aufgeschrieben worden. Johannes ist kein Augenzeuge gewesen. Er hat die Geschichte so festgehalten, wie er sie verstanden hat. Sein Bericht sagt, was er geglaubt hat.

Und ich verstehe ihn so: Jesus ist souverän und in Würde gestorben. Die Gewalt hat nicht das letzte Wort behalten. Die Täter damals haben Jesus nicht seine Würde genommen. Wenn so etwas Schreckliches geschieht, dann sind es immer die Täter, die ihre Würde verlieren. Nicht die Opfer. Kein Opfer verliert seine Würde. Dass wir das glauben können: Auch das hat Jesus vollbracht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28527
weiterlesen...