Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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08APR2019
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„Denn Trost für’s Herz, ist die halbe Heilung!“ Klingt gut dieser Spruch, aber stimmt er eigentlich? Ich denke nicht bei allen Krankheiten. Manche kommen durchs Alter, manche sind genetisch bedingt, manche von der Umwelt verursacht und wieder andere haben seelische Gründe. Was aber wahr ist an diesem Spruch, ist der seelische Anteil beim Gesundwerden. Das ist auch an den Heilungsgeschichten in der Bibel schön zu sehen. Jesus ist den kranken Menschen so begegnet, wie es gute Therapeutinnen und Berater tun. Es lohnt sich das genauer anzuschauen, auch weil man viel davon in den Alltag nehmen kann, für den Umgang mit Menschen.                                                                                        
Wenn also Jesus jemanden geheilt hat, dann ist meistens Folgendes passiert: Zuerst hat er den Menschen angeschaut. Er hat ihn gesehen, wirklich gesehen, ihn wahrgenommen. Das ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass ein Mensch heil werden kann: Gesehen werden. Dadurch hat Jesus erkannt, was dem Menschen fehlt. Also nicht an den Symptomen, sondern weil er ihm ins Herz geschaut hat, auf den Grund seiner Seele. Und da hat er dem kranken Menschen dann oft diese Frage gestellt: „Willst Du gesund werden?“ Diese scheinbar einfache Frage hat zwei existenzielle Konsequenzen: Zum einen bringt sie den Kranken in Bewegung. Holt ihn heraus aus seiner Verstocktheit oder aus seiner Lähmung, falls er sich in seiner Krankheit eingerichtet hat oder sich in sein Schicksal ergeben. Zum anderen aktiviert diese Frage die Selbstheilungskräfte des Kranken. Und die Frage, „Willst Du gesund werden“ bringt ein Gespräch in Gang. Ein Gespräch, bei dem Jesus genau zuhört. Ein weiteres, ebenso wichtiges Element jeder Heilungsgeschichte: Die Erfahrung zu machen, dass ich endlich reden kann und mir endlich jemand zuhört. All das zusammengenommen: gesehen werden, erkannt werden, gefragt und gehört werden, das schafft die Voraussetzung für den letzten Schritt auf dem Weg zur Heilung: Den Schritt zurück ins Leben. Den Schritt heraus aus Blindheit und Verblendung hinein zu neuem Sehen. Den Schritt heraus aus Erstarrung und Leblosigkeit, hinein in eine neue Sanftheit und Lebendigkeit.

Und wenn Jesus gemerkt hat, dass jemand das allein nicht schafft oder es sich an der Schwelle dazu nicht traut, dann hat er die Menschen dazu ermutigt oder ihnen gar befohlen: „Steh auf, kehr um, kehr zurück ins Leben. In Dein Leben!“.

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