SWR2 Wort zum Tag

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Vor einigen Jahren wurde ich von unserem Gemeindepriester gefragt, ob ich mir vorstellen kann, mir im Gottesdienst am Gründonnerstag von ihm die Füße waschen zu lassen. Damit wollte er an die Szene vor dem letzten Abendmahl erinnern, als Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen hat.  

 

Ich habe mich geehrt gefühlt und ohne darüber nachzudenken zugesagt. Aber direkt danach habe ich gedacht: Oh Gott – du willst es jemanden zumuten, deine Füße zu waschen? Und dann noch in einem Gottesdienst? Bis zu der Messe habe ich jeden Abend meine Füße besonders gründlich gewaschen und mit einer Crème gepflegt.

Mir ist durch dieses Erlebnis zum ersten Mal richtig bewusst geworden, was in diesem Ritual der Fußwaschung alles drinsteckt.

Körperpflege ist etwas, das ich eigentlich mit mir allein ausmache. Wenn mir jemand anbietet, meine Füße zu waschen, dann hat das etwas mit Demut zu tun. Mein Gegenüber nimmt sich weniger wichtig, als mich. Er kniet sich vor mich hin, nimmt meinen vom Alltag etwas gezeichneten Fuß in die Hand, wäscht ihn mit Wasser und trocknet ihn ab. Eine sehr demütige aber auch liebevolle Handlung.

Das Johannesevangelium erzählt davon, wie Jesus am Abend vor seinem Tod genau dies mit den Füßen seiner Jünger getan hat, bevor sie gemeinsam das letzte Abendmahl gefeiert haben. Und auch im Kreis seiner Jünger gibt es einen, der sich damit gar nicht wohl fühlt. Petrus weigert sich zunächst, ihm ist es auch unangenehm. Doch Jesus erwidert Petrus: „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keinen Teil an mir.“ (Joh 13,8).

Jesus macht seinen Jüngern durch das Fußwaschen deutlich, dass nicht nur er, sondern auch sie bereit sein müssen, anderen zu dienen, liebevoll und demütig zu sein.

Die rituelle Fußwaschung an Gründonnerstag hat sich im letzten Jahr in einer ganz besonderen Form wiederholt: Papst Franziskus hat an diesem Tag im Gefängnis zwölf Straftätern während eines Gottesdienstes die Füße gewaschen. Manche von ihnen sind Christen gewesen, aber auch Muslime und ein Buddhist waren dabei. Papst Franziskus ist vor diesen Straftätern auf die Knie gegangen.

Ich finde diese Geste nach wie vor unglaublich stark. Denn die Kernbotschaft ist: Wer Jesus nachfolgen möchte, darf sich selbst nicht wichtiger nehmen als sein Gegenüber.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28417
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