Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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An Gott zu glauben ist etwas sehr Persönliches. Und vermutlich ist es deshalb auch nicht ganz einfach, anderen von Gott zu erzählen. Zu sagen, wie man Gott erlebt und was er einem bedeutet. Gut, dass in der Bibel ganz viele Bilder und Vergleiche stehen, die beschreiben, wie Menschen Gott erfahren haben und die helfen, die eigene Vorstellung in Worte zu packen: Gott ist wie ein Fels, der mich trägt und hält, heißt es da zum Beispiel. Oder Gott ist wie eine Mutter oder ein Vater, dem ich wichtig bin und der sich um mich sorgt.

Eine ganz besonders schöne Beschreibung für mich steht gleich im ersten Buch der Bibel. Dort heißt es: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Der Satz stammt von der Ägypterin Hagar. Einer Frau, deren Namen die Bibel überhaupt nur weiß, weil sie die Sklavin von Abraham und Sara war. Und weil sie die Mutter von Abrahams erstem Kind geworden ist. Aber der Reihe nach.

Abraham und Sara bekommen lange Zeit kein Kind. Und das obwohl ihnen Gott versprochen hat, dass sie viele Nachkommen haben werden. Sara hält diese Situation irgendwann nicht mehr aus. Sie nimmt die Sache selbst in die Hand und verlangt von ihrem Mann, dass er mit Hagar ein Kind zeugen soll. Hagar wird als Sklavin kein Recht an diesem Kind haben. Das Kind wäre voll und ganz Saras und Abrahams Kind. Das war damals zwar üblich, aber deswegen nicht unproblematisch.

Denn als Hagar tatsächlich schwanger wird, kommt es zum Konflikt. Denn nicht nur das Kind, sondern auch Hagars Selbstbewusstsein wird jeden Tag größer. So hatte sich das Sara nicht vorgestellt. Sie wird neidisch und behandelt ihre Sklavin so schlecht, dass Hagar es irgendwann einfach nicht mehr aushält und wegläuft. Mitten in die Wüste. Und ausgerechnet dort begegnet ihr ein Fremder. Der spricht sie an. Interessiert sich für sie. Hagar weiß sofort: Das ist die Stimme Gottes. Und sie spürt: Gott lässt mich nicht allein. Er sieht, wie es mir geht. Er wird mir helfen.

Der Fremde macht Hagar Mut, zurückzugehen, auch wenn die Situation bei Sara und Abraham nicht leicht für sie sein wird. Aber in Hagar hat sich etwas verändert. Sie kann mit einer anderen Stärke in ihr altes Leben zurückgehen. Sie braucht die Anerkennung nicht mehr so stark von anderen Menschen, weil sie weiß: „Gott sieht mich“. Mit dieser Gewissheit wird sie es schon schaffen.

Ich finde: Schöner kann man von Gott nicht sprechen. Schöner kann ich nicht beschreiben, was Gott ausmacht. Gott sieht mich – und das an jedem Tag.

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