Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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In diesem Jahr hat nun auch die Schweiz ihr 500. Reformationsjubiläum. Aus der Schweiz kommen nämlich nicht nur die berühmten Taschenmesser und erstaunliche Uhren: In der Schweiz hat auch Ulrich Zwingli gelebt. Vor 500 Jahren ist er in Zürich Priester geworden.

Er war Zeitgenosse von Martin Luther. Einig waren sie sich darin, dass jeder Mensch selbst die Bibel lesen sollte. In der eigenen Sprache. Zwingli fand genau wie Luther: Du bist freier, wenn du selbst weißt, was in der Bibel steht. Dann musst du nicht alles glauben, was dir irgendwer über Gott und die Welt erzählt. Schöpf selbst aus den Quellen christlichen Glaubens. So wirst du ein mündiger Christ, der auch mal quer denkt und nicht nur das sagt, was alle sagen.

Auch Zwingli hat die Bibel übersetzt. Öffentlich, im Großmünster in Zürich. Da haben einige Leute ihre klugen Köpfe zusammengesteckt und manchmal über jedes Wort diskutiert. So lange, bis sie sich einig waren. Das finde ich schon erstaunlich für die damalige Zeit: Dass da alle frei und offen ihre Meinung sagen konnten und eifrig gestritten haben, bis sie eine Lösung hatten. Da hat keiner allein bestimmt. Der Qualität der Übersetzung hat das gut getan: Die Zürcher Bibelübersetzung wird heute noch geschätzt.

Zwingli wollte nicht nur am Schreibtisch sitzen. Er fand, der Glaube soll dem Leben dienen. Darum hat sich Zwingli in Zürich bald für die Schulen und für die Armenfürsorge engagiert. Seine Begründung: „Es ist nicht die Art eines christlichen Menschen, großartig über den christlichen Glauben bloß zu reden, sondern zusammen mit Gott immer Schwieriges zu meistern und Großes zu tun.“

In anderen Punkten allerdings bleibt Zwingli mir fremd. Für ihn war es z.B. kein Problem, gegen Katholiken in den Krieg zu ziehen. Nicht nur mit Worten, sondern tatsächlich auf dem Schlachtfeld. Da ist er dann auch gestorben.

Vorher hat er gesagt „Tut um Gott’s willen was Tapferes!“ So hat er die Leute auffordern wollen, zu kämpfen. Ich heute führe diesen Satz ganz anders weiter. So zum Beispiel: „Tu was Tapferes – und suche das Gespräch mit dem anderen, auch wenn dein gekränkter Stolz etwas dagegen hat.“ Oder „Tu was Tapferes – und mach den Mund auf, wenn Unrecht geschieht.“

Zwei Dinge jedenfalls möchte ich von ihm lernen: die Bibel in die Hand nehmen und darauf achten, dass der Glaube dem Leben dient.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28324
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