SWR1 3vor8

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Wie ist eigentlich Europa christlich geworden? Jesus Christus war ja aus Israel und ist nie dort weg. Erst die Männer und Frauen, die an ihn geglaubt haben. Dass er auferstanden ist. Die haben Christus nach Europa gebracht: Sie haben erzählt: dass es Gott gibt, der für Liebe, Frieden und Gerechtigkeit steht.

Heute ist in den Evangelischen Kirchen eine Geschichte aus der Bibel dran, die erzählt das. Und ihre Pointe: Der erste Mensch, der sich von diesem Gott angesprochen fühlt, ist eine Frau. So kommt das Christentum in Europa an.

Lydia hieß sie, hat in Philippi gelebt, heute Griechenland. Damals war es eine römische Garnisonstadt. Man weiß auch, Lydia musste arbeiten. Vermutlich war sie alleinstehend und sie hatte mit Purpur zu tun. Dem edlen roten Farbstoff, der bei der römischen Bevölkerung sehr beliebt war. Aber Purpur zu gewinnen und daraus edle Farben zu machen, das war Drecksarbeit. Römische Herrschaften haben die Kleidung geschätzt, aber auf Männer und Frauen, die dafür mit Purpur schaffen mussten, auf die haben sie eher runter geguckt.

Da ist Gott anders. Ein Glück. Ich stelle mir vor, wie Lydia das Herz aufgegangen ist, als sie von diesem Gott gehört hat. Wie sie das berührt hat: Gott sieht alle Menschen gleichermaßen gut an. ‚Du, Lydia, bist so viel wert wie jeder Mann. Gott schätzt die, die arbeiten müssen. Und er macht keine Unterschiede, welche Religion man früher gehabt hat oder wo man geboren ist.‘

Und das ist eindrücklich für mich: Lydia war keine Europäerin von Geburt, sie war zugewandert aus der heutigen Türkei nach Griechenland. Das weiß man, weil Lydia kein echter persönlicher Vorname ist. Die Leute haben sie so genannt. Lydia: ‚Die aus Lydien‘. So wie Rheinhessen heute Sachse heißen können oder Kurpfälzer Slavko. Europa ist vor 2000 schon ein Kontinent gewesen, in den Menschen der Arbeit wegen eingewandert sind. Das gehört zu Europa. Wie das Christentum, obwohl es gewissermaßen auch eingewandert ist. Es ist christlich, dass wir Menschen, die neue Heimat und neues Leben suchen, dass wir denen das zugestehen. Alles andere wäre Verrat an der frühen Christin Lydia.

Europa ist „christlich“. Das heißt nicht, alle Europäer müssen Christen sein. „Europa ist offen“ für Christen, Juden und Muslime, für andere Religionen und für Nichtgläubige. Aber Europa sollte seine christliche Prägung auch nicht verstecken. Ich glaube, da steckt Zukunft drin. Wenn viele glauben wie Lydia: An einen Gott, der einsteht für Liebe, Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen.

Bibeltext: Apostelgeschichte 16,9-15

9 In der Nacht hatte Paulus eine Erscheinung. Ein Mann aus Mazedonien stand vor ihm und bat: »Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!«
10 Gleich nachdem Paulus die Erscheinung gehabt hatte, suchten wir nach einer Möglichkeit, um nach Mazedonien zu gelangen. Denn wir waren sicher: Gott hatte uns dazu berufen, den Menschen dort die Gute Nachricht zu verkünden.
11 Von Troas aus setzten wir auf dem kürzesten Weg nach Samothrake über.
Einen Tag später erreichten wir Neapolis.
12 Von dort gingen wir nach Philippi.
Das ist eine bedeutende Stadt in diesem Bezirk Mazedoniens und römischeKolonie. In dieser Stadt blieben wir einige Zeit.
13 Am Sabbat gingen wir durch das Stadttor hinaus an den Fluss. Wir nahmen an, dass dort eine jüdische Gebetsstätte war. Wir setzten uns und sprachen zu den Frauen, die an diesem Ort zusammengekommen waren.
14 Unter den Zuhörerinnen war auch eine Frau namens Lydia.
Sie handelte mit Purpurstoffen und kam aus der Stadt Thyatira.
Lydia glaubte an den Gott Israels.
Der Herr öffnete ihr das Herz, sodass sie die Worte des Paulus gerne aufnahm.
15 Sie ließ sich
taufen zusammen mit allen, die in ihrem Haus lebten.
Danach bat sie:
»Wenn ihr überzeugt seid, dass ich wirklich an den Herrn glaube, dann kommt in mein Haus. Ihr könnt bei mir wohnen!« Und sie drängte uns förmlich dazu.

 

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