Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Worte kann man nicht zurücknehmen. Was einmal gesagt ist, das ist in der Welt. Man kann sich entschuldigen. Man kann sagen: „Ich habe das nicht so gemeint“ oder „Das war doch nur Spaß!“. Die Worte bleiben doch in der Welt und können Schaden anrichten. Irgendwer erzählt weiter, was er gehört hat. Das kann eine Lawine in Gang setzen. „Irgendwas wird schon dran sein“, sagen viele. Und der Betroffene wird das nicht mehr los. Der Verdacht klebt an ihm. In Zeiten des Internet verbreiten sich Worte noch schneller. Und man kann sie nicht löschen.

Deshalb ist heute das 8. Gebot wichtiger als vieles andere, finde ich. Das 8. Gebot heißt: Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen. (2. Mose 20, 16). Auch nicht in vagen Andeutungen, denn irgendwas bleibt immer hängen.

Das 8. Gebot soll Menschen schützen. Damals in biblischer Zeit gab es nur Zeugenaussagen, um einen Menschen zu beschuldigen – keine Fingerabdrücke, keine DNA-Spuren, keine Videos. Da war es manchmal lebenswichtig, was ein Zeuge ausgesagt hat. Und heute: Gerüchte und falsche Verdächtigungen können Menschen zerstören. Schon Schüler machen einander per facebook oder whatsapp mit Bezichtigungen und falschen Vorwürfen fertig. Bis es einer nicht mehr aushält.

Davor soll das 8. Gebot schützen. Das 8. Gebot heißt ja  nicht einfach: „Du sollst nicht lügen“. Natürlich zerstören Lügen das Vertrauen zwischen Menschen. Aber manchmal kann eine Unwahrheit ja auch barmherzig sein. Wenn eine ungeschickte Köchin fragt „Schmeckt’s euch?“ und die Eingeladenen sagen: „Ja, ist wirklich gut“ – das ist eine barmherzige Lüge. Ich finde, da muss man sorgfältig unterscheiden, was Menschen schadet und was sie eher schützt.

Aber Gerüchte in die Welt setzen, Verdächtigungen aussprechen, Befürchtungen äußern, die ein falsches Licht auf andere werfen – das geht gar nicht, sagt das 8. Gebot. Nichts Falsches aussagen Nicht gegen Einzelne, auch nicht gegen Gruppen. „Lisa knutscht mit Toni“ – so ein Satz auf facebook kann Freundschaften zerstören und Hass erzeugen. „Junge Männer sind triebgesteuert“ – so ein pauschaler Satz wirkt verletzend und weckt Misstrauen.

Kann man etwas tun, um solche Entwicklungen zu verhindern?  Martin Luther hat erklärt: nichts Falsches über den Nächsten sagen – sondern „ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren.“ Ich glaube, das könnte vieles besser machen. Aber mitten in den Gerüchten und Verdächtigungen gehört Mut dazu. Mut, den Lügnern und ihren Gerüchten zu widersprechen und die Wahrheit zu sagen. Darum will ich Gott bitten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28036
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