Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Frauen können viel. Und oft erreichen sie mehr als Männer, obwohl die es sind, die gerühmt und gelobt werden. Auch vor langer Zeit war das schon so. Ohne Frauen wäre zum Beispiel die Geschichte der Israeliten und damit auch die Geschichte der Christen gar nicht richtig in Gang gekommen. Die Bibel erzählt ziemlich am Anfang, wie das war.

In Ägypten wurden die Israeliten unterdrückt. Sie waren als Armutsflüchtlinge ins Land gekommen, und jetzt mussten sie Sklavendienste leisten und beim Bau der Pyramiden mithelfen.

Irgendwann hat der ägyptische Pharao Angst bekommen, die Israeliten könnten zu viele werden – und dann womöglich den Aufstand wagen. Und er hatte eine grausame Idee: Alle neugeborenen Jungen der Israeliten sollten getötet werden. Nur die Jungen – denn die könnten ja später zu Soldaten werden. Die sind gefährlich. Vor Mädchen und Frauen hatte der Pharao keine Angst.

Und dann erzählt die Bibel nach und nach, wie der Plan des Pharao gründlich danebengegangen ist. Mit dem Mord an den Säuglingen wurden zunächst zwei israelitische Hebammen beauftragt, Schifra und Pua. Doch die beiden sind dem Befehl nicht nachgekommen und haben dem ägyptischen Herrscher eine Lügengeschichte aufgetischt. So konnten sie die Kinder am Leben lassen. Als das nicht mehr ging, hat eine israelitische Mutter ihren neugeborenen Sohn in einem Weidenkörbchen auf dem Nil davonschwimmen lassen. Nur diesen Ausweg wusste sie noch. Und ausgerechnet die Tochter des Pharao entdeckt den Korb und lässt ihn von ihren Dienerinnen aus dem Wasser holen. Sie hat Mitleid und nimmt das Kind als Sohn bei sich auf. Die Schwester des Babys vermittelt ihr den Kontakt zur leiblichen Mutter, und die stillt das Kind die erste Zeit über. (Vgl. 2. Mose 1,15 – 2,10.)

Das Interessante daran: Es sind nur Frauen, die da den Plan des Pharao durchkreuzen. Also gerade diejenigen, von denen der Pharao gar nichts befürchtet hat …

Mir gefällt der hintergründige Humor in dieser Erzählung. Und ich glaube, die Bibel hält uns da bis heute einen Spiegel vor. Uns Männern, wenn wir vielleicht immer noch in die Falle tappen, Frauen nicht für voll zu nehmen. Aber auch allen Frauen, die sich selbst nichts zutrauen und die platten Sprüche der Männer innerlich bestätigen. Dabei gibt es nichts, was sie nicht auch könnten! Was jemand kann und leistet, hat nichts mit dem Geschlecht zu tun.

Der kleine Junge, der aus dem Nil gerettet wurde, hat dann übrigens den Namen Mose bekommen. Er war es schließlich, der das Volk Israel aus Ägypten geführt hat. Die berühmteste Person aus dieser Geschichte wurde dann also doch ein Mann. Aber Frauen haben dafür gesorgt, dass er aufwachsen und seinen Weg gehen konnte. Sie sollte man nicht vergessen. Und schon gar nicht unterschätzen. Bis heute nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27970
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