Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Mein Sohn, wenn dein Vater alt ist, nimm dich seiner an und betrübe ihn nicht, solange er lebt. Wenn sein Verstand abnimmt, sieh es ihm nach und beschäme ihn nicht“, mahnt Jesus Sirach, ein jüdischer Weisheitslehrer aus dem 2. Jahrhundert vor Christus (3,12).

Nun ja – es sind heute eher die Töchter und Ehefrauen, die sich ihrer alten Väter oder Ehemänner annehmen. Gegenwärtig werden von den 400. 000 Pflegebedürftigen im Land 57 % zuhause von ihren Angehörigen betreut.[1]) Das ist eine gewaltige Leistung. Sie verdient Anerkennung und Respekt.

Wer Angehörige pflegt, braucht professionelle oder wenigstens ehrenamtliche Hilfe von außen. Dafür stellt die Pflegeversicherung auch entsprechende Mittel bereit. Klingt gut, aber die Wirklichkeit sieht anders aus: Man sucht oft vergebens, es fehlen die Anbieter. Von den ehrenamtlichen Pflegehelferinnen und -helfern wird nun auch noch verlangt, dass sie sich mit hohem Aufwand erst schulen und staatlich anerkennen lassen. Das wird viele abschrecken, zumal sie ohnehin nur wenige Stunden steuerfrei arbeiten können.

Häusliche Pflege erspart die kostspielige Heim-Unterbringung. Sie kommt auch den Pflegebedürftigen selbst entgegen. Denn die meisten wollen – alt und gebrechlich, krank oder behindert – in ihrer vertrauten Umgebung bleiben. Daher liegt es doch im Interesse einer verantwortlichen Sozialpolitik, die Bedingungen für die häusliche Pflege zu optimieren.

Pflegende Angehörige dürfen nicht noch mehr belastet werden. Viele von ihnen sind längst am Limit – vor allem jene, die Demenzkranke betreuen. Da gerät man schnell ans Ende seiner eigenen Kraft, und droht unter dieser Last selbst zusammenzubrechen. 

Wer zuhause Angehörige pflegt, ist für jeden Handgriff im Haushalt dankbar. Noch besser, wenn man die Pflegenden mal für einen halben Tag vertritt. Sie kommen ja kaum noch aus dem Haus – die ganze Welt schrumpft für sie auf ein paar Quadratmeter zusammen, auf denen sie auch noch ständig und hautnah mit Krankheit und Hinfälligkeit konfrontiert sind. Da bedarf es auch seelischer Entlastung.

Verlässliche Ansprechpartner, Ehepartner ebenso wie Freundinnen und Freunde, könnten der drohenden Vereinsamung vorbeugen. Mit ihrer Nähe würden sie viel auffangen von dem, was die Menschen in der Pflege mürbe macht.   



[1]     „Stuttgarter Zeitung“ - 18. 12. 2018

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27924
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