Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Alles beginnt mit der Sehnsucht“, schreibt die Dichterin Nelly Sachs. Da ist was dran. Denke ich. Sehnsucht hat was mit Suchen zu tun, mit sich auf die Suche machen.

Von Menschen, die sich auf die Suche machen erzählt auch die Bibel an vielen Stellen. Jetzt, in der Weihnachtszeit erinnert sie an Sternkundige, die aufgebrochen sind, Strapazen auf sich genommen und die Wüste durchquert haben. Angeblich, weil sie einen besonderen Stern haben aufgehen sehen. Nüchtern betrachtet ist das kaum nachvollziehbar.

„Alles beginnt mit der Sehnsucht“, schreibt Nelly Sachs. Das passt auch für diese Sternkundigen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nur zu Forschungszwecken loszogen – auch wenn Sehnsucht etwas mit Neugier zu tun hat. Sehnsucht bedeutet für mich mehr. Sie ist so etwas wie eine innere Triebfeder. Etwas, das unruhig macht, Energie frei setzt.

Nelly Sachs schreibt an anderer Stelle: „Die Sehnsucht ist die Stimme Gottes in mir, die er in meine Seele hineingewoben hat“

Und diese Stimme macht unruhig. Fragt mich an. ... Wonach richte ich mein Leben aus, was suche ich, was ist mein Beitrag, für eine bessere Welt?

Das mag überzogen klingen. Dennoch ertappe ich mich derzeit immer wieder dabei, wie müde ich geworden bin. Gleichzeitig rebelliere ich gegen diese Haltung von: „Ich kann ja eh nichts groß ändern in dieser Welt, in meiner Kirche.“ Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass sich was zum Guten wendet, wenigstens im Kleinen und ich möchte niemals abgestumpft und gleichgültig werden dem gegenüber, was an Unrecht und Leid geschieht.

Denn gleichgültig ist für mich fast so was wie das Gegenteil von sehnsüchtig.

Doch: Allein schaffe ich es nicht. Ich benötige und sehne mich zunehmend nach Menschen, die sich mit mir auf den Weg machen. Echten Weggefährten eben.

 Das lehrt mich die Geschichte von den Sternkundigen– besser bekannt als die der heiligen drei Könige. Sie gehen nicht jeder für sich, sondern zusammen.

Sind echte Weggefährten. Im wörtlichen wie übertragenen Sinn. Sie folgen ihrer Sehnsucht,  nehmen die Fährte auf, suchen solange, bis sie gefunden haben, trauen dabei mehr ihrer inneren Stimme, als den äußeren Anreizen und der Macht des Königs Herodes. Sie haben sich verbündet, vermutlich zusammen erwogen, wo es lang geht und schließlich in dem Kind im Stall, die Erfüllung ihrer Sehnsucht gefunden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27804
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