SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Keine andere Zeit im Jahr ist so von guten Wünschen geprägt wie die Zeit zwischen den Jahren. Da wünscht man sich einen guten Rutsch oder ein friedvolles Neues Jahr und manch einer traut sich sogar von Gottes Segen zu sprechen. Und wenn Sie nun für das kommende Jahr einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen? Gesundheit? Einen lieben Menschen an Ihrer Seite? Glück für sich und Ihre Familie? Genug Geld für ein unbeschwertes Leben? Frieden und Gerechtigkeit für alle Menschen? Diese Aufzählung könnte ich wohl noch lange fortsetzen. Wünsche über Wünsche! Und steckt nicht hinter jedem ((immer wieder)) die eine Bitte, dass es gut gehen möge-und dass Gott diese Welt nicht vergisst 

Zum bevorstehenden Jahreswechsel erzähle ich Ihnen eine uralte Geschichte, Sie steht  im Alten Testament der Bibel. Der junge Salomo soll  als neuer König in die Fußstapfen seines Vaters David treten. Eine große Verantwortung wartet auf ihn. Der junge Mann fühlt sich überfordert, er hat Angst und ist hin und her gerissen. Da erscheint ihm Gott nachts im Traum  und gibt ihm einen Wunsch frei.“ Was für ein Glück!“ Jetzt ist alles möglich, vorausgesetzt, er wünscht sich das Richtige.

Nein, der junge Mann wünscht sich nicht Erfolg und Glück, nicht Reichtum und Macht, nicht den Sieg über seine Feinde  oder ein langes und gesundes Leben. Er wünscht sich nur eines, ein hörendes Herz. Und Gott gewährt ihm diese Bitte. Er schenkt ihm ein „weises und verständiges Herz“ damit er sein Volk gut regieren und das Böse vom Guten unterscheiden kann.

Das Herz, von dem die Bibel hier spricht, ist mehr als ein pumpender Muskel, ohne den kein höheres Lebenswesen auskommt. Herz im biblischen Sinn ist der Sitz von Vernunft und Willen, ist auch der Ort der Gefühle und des Gewissens. Ein hörendes Herz ist empfindsam für die Klopfzeichen menschlicher Not ,ist wie eine innere Stimme, die einem sagen  kann was gut und richtig ist. Und ein hörendes Herz ist aufmerksam und sensibel für die vielen Zeichen, die uns auf Gott hinweisen können. .Mit einem solchen Herzen bleibt der junge König offen für alle Menschen, die ihm anvertraut werden. Und er bleibt bescheiden und demütig genug, weil er auch um seine eigenen Grenzen und Fehler weiß.

 

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Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für das neue Jahr wünschen? Diese Frage beschäftigt mich heute in den SWR4-Sonntagsgedanken.

Ich bin sicher, ein hörendes Herz, ein weises Herz, ein mitfühlendes Herz -würde die Welt  verändern. Und hätte ich einen Wunsch frei, ich würde dieses Mal nichts anderes wünschen. als so ein offenes und aufmerksames Herz.Dann würden wir nicht weiterhin oft so verallgemeinernd über andere reden. Die Fremden die Nachbarn, die Katholiken, die Juden Ich wünschte es mir  und uns allen, damit wir unterscheiden können, was gut ist und was nicht, und ob etwas wahr ist oder nicht.

Ich glaube, ein hörendes Herz kennt vor allem die Zwischentöne. Wir alle wissen und erfahren es immer wieder: Was uns im Leben passiert ist mehrdeutig. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, richtig oder falsch. Die Wahrheit liegt oft dazwischen. Das ist anstrengend und manche suchen  deswegen viel lieber nach einfachen und oft vorschnellen Lösungen.

In einem Zeitungsmagazin las ich vor kurzem von einem jungen deutschen Mann der für kurze Zeit in Syrien für den sogenannten Islamischen Staat gekämpft hatte. Auf die Frage, was ihn dazu bewegt hat, meinte er sinngemäß: „Bei den Islamisten war mir ganz klar, wo die Guten und wo die Schlechten stehen. Ich wusste, was ich zu tun und was ich zu unterlassen habe. Ich musste mich nicht ständig selbst entscheiden, was ich machen soll. Ja, mir wurde sogar das Denken und Nachdenken abgenommen.“

Aber genau das ist der falsche Weg. Niemand darf uns das Nachdenken abnehmen.

Ein hörendes Herz wirkt am sichersten gegen alle verführerischen Parolen, misstraut den Versprechungen all derer, die an die Macht wollen  und plappert nicht gedankenlos nach, was sogenannte Meinungsführer vorgeben. Ein hörendes Herz ist mehr als ein Schnellschuss aus dem Bauch heraus und weit mehr als nur emotionales Betroffen sein. Das hörende Herz ist unser wichtigstes Organ. Es bringt Denken und Fühlen zusammen und lässt uns verantwortlich handeln und entscheiden.

Wie das gehen kann? Der weise Philosoph Sokrates zeigt mir dafür einen Weg. Er sagt, prüfe alles was du sagst durch drei Siebe. Frag dich ob es wahr ist, was du sagst, frag dich ob es notwendig ist  was du sagst und frag dich schließlich ob es gut ist.

Ich meine das wäre eine gute Wegweisung für alle Verantwortlichen in den Parlamenten, in den Kirchen, in den Konzernen, aber auch für jeden einzelnen. Und darum wünsche ich allen ein gutes und gesegnetes neues Jahr und dazu in jedem Fall ein hörendes Herz.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27796
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